Neujahrskonzert 2011:

Liebesliederwalzer op. 52:
-Rede, Mädchen, allzu liebes
-Am Gesteine rauscht die Flut
-Ein kleiner, hüscher Vogel
-Nein, es ist nicht auszukommen
-Wenn so lind dein Auge mir
-Am Donaustrande
Düsseldorfer Symphoniker
Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf
(Einstudierung: Marieddy Rossetto)
Gregor Bühl

Die vorstehenden Liebesliederwalzer in der original Brahms-Orchesterversion waren für den Chor des Städtischen Musikvereins alles Erstaufführungen. Tatsächlich gibt es keine anders lautenden Aufzeichnungen, was man sich eigentlich kaum vorstellen konnte. Innerhalb eines bunten Straußes von Musik im Neujahrskonzert 2011 hinterließen die kleinen Kabinettsstückchen der Chormusik einen bleibenden und sehr positiven Eindruck beim Publikum.

(3) Fortsetzung des Aufsatzes von Edgar Jannott zum Mendelssohn-Denkmal:

Es ist sicher ein überzeugendes Zeichen der wechselseitigen Verbundenheit und des freundschaftlichen Einvernehmens, dass Mendelssohn nach seinem Weggang noch fünfmal eingeladen wurde, das Niederrheinische Musikfest zu leiten, - und er dies trotz seiner vielfältigen anderen Verpflichtungen auch tat.

Nun haben wir gehört, welche Bedeutung Mendelssohn für die gesamte Musikwelt als Komponist, Dirigent, Pianist und Organisator hatte und wie segensreich sein Wirken für Düsseldorf war. Nach meinem Kurzbericht über sein erfolgreiches Leben muss ich Ihnen aber leider auch berichten, wie die Nachwelt mit seinem Nachruf umgegangen ist.

Richard Wagner, ein Zeitgenosse Mendelssohns, hat Mendelssohn zu seinen Lebzeiten bewundert und sogar öffentlich bekannt, dass Mendelssohns Art zu komponieren ihn bei seiner kompositorischen Arbeit beeinflusst hat. Aber schon 1850, also drei Jahre nach dem Tod Mendelssohns veröffentlicht Wagner in der „Neuen Zeitschrift für Musik“ unter dem Pseudonym Karl Freigedank einen Aufsatz über das „Judentum in der Musik“, den die Fachwelt heute durchgängig als „Pamphlet“ oder „Hetzschrift“ Wagners bezeichnet. Darin spricht Wagner den Juden generell die Fähigkeit zu künstlerischen Äußerungen ab und attackiert speziell Mendelssohn in einer Art und Weise, die ich hier bewusst nicht zitieren möchte, um nicht die zu belasten, die Richard Wagners verehren. Dieses unselige „Pamphlet“ veröffentlichte Wagner 1869, also knapp zwanzig Jahre später noch einmal, diesmal aber unter seinem eigenen inzwischen berühmt gewordenen Namen, um eine noch größere Wirkung für seine verurteilende Kritik an der Musik jüdischer Komponisten und insbesondere an Mendelssohn zu erzielen. Das führte nachweislich dazu, dass sich auch andere zeitgenössische und spätere Kritiker bemüßigt fühlten, die antisemitische Stimmung gegen Mendelssohn schon vor der Nazi-Zeit zu verstärken.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde dann schon ab 1933 generell die Aufführung Mendelssohn’scher Werke und auch jegliche wissenschaftliche Beschäftigung mit seinem Schaffen wegen der jüdischen Herkunft seiner Vorfahren verboten. Sein bekennender Wechsel zum Christentum wurde bei ihm wie auch bei Heine von den Nazis einfach negiert. Offensichtlich glaubten zur Nazi-Zeit Musikwissenschaftler sogar, sie könnten sich zusätzliche Anerkennung verschaffen, wenn sie diese zeitgerechte Verurteilung noch zusätzlich unterstreichen. So schreibt z.B. 1944 der damalige Musikwissenschaftler Karl Blessinger in seiner Veröffentlichung zum Thema „Judentum und Musik“: “Es ist leicht, den Unterschied deutschen und jüdischen Wesens im Grundsätzlichen klarzumachen. Wo der Deutsche klagt, schlägt der Jude ein lautes Wehgeschrei auf. Wo der Deutsche sein Gefühl ausströmen lässt, wird der Jude melancholisch und weinerlich. Der Gefühlsausdruck des Deutschen ist von Hause aus immer echt. Die Ausdrucksweise des Juden ist aber niemals ganz ehrlich. Und es ist für uns niemals ohne weiteres auszumachen, wieviel davon echt und wieviel davon erheuchelt ist.“

Die Wagner’sche Kampagne gegen das Judentum in der Musik und speziell gegen Mendelssohn sowie seine völlige Verurteilung durch den Nationalsozialismus hatten aber nicht nur das Verbot seiner Musik zur Folge, sondern auch die Zerstörung aller Mendelssohn-Denkmäler, die in deutschen Städten vor der Nazizeit errichtet worden waren. Dazu zwei Beispiele:

In Düsseldorf gab es ein großes bronzenes Mendelssohn-Denkmal. An der Vorderfront der alten Oper in Düsseldorf waren zwei Nischen. In der einen Nische stand das Denkmal Immermanns und in der anderen Nische das Denkmal Mendelssohns. Am 3. August 1901, fast auf den Tag genau vor 110 Jahren, wurden die beiden Denkmäler eingeweiht.

Sicher hatten gerade diese beiden Männer ein Denkmal für ihr kulturelles Wirken in unserer Stadt verdient. Dass aber ausgerechnet die beiden, die sich über eine Frage der kulturellen Entwicklung in unserer Stadt zerstritten hatten, nun als Denkmal an derselben Wand des Stadttheaters in Bronze gegossen dauerhaft nebeneinander stehen mussten und sich nicht mehr aus dem Weg gehen konnten, war verständlicherweise Anlass für viele Witzeleien. Insgesamt aber fand die Bürgerschaft die Idee, diese beiden Düsseldorfer Kunstheroen zu ehren, richtig. Wie in Leipzig übernahm deshalb damals auch in Düsseldorf die Bürgerschaft nach einem Spendenaufruf der Stadt die Kosten für beide Denkmäler. Es gibt noch heute die damalige Spenderliste. Würde sie veröffentlicht, würden sich viele Bürger darüber freuen, dass sich damals ihre Vorfahren an diesem bürgerschaftlichen Engagement zu Ehren Mendelssohns und Immermanns beteiligt haben.

Man konnte schon früh ahnen, dass es in der Nazizeit auch in Düsseldorf nicht nur bei dem Verbot der Mendelssohn’schen Musik blieb. So wurde zu Beginn des Jahres 1936 die „Mendelssohn-Straße“ in Düsseldorf, die seit 1886 ihren Namen trug, in „Hans-Schemm-Straße“ umbenannt. Man wollte künftig statt Mendelssohn den bayerischen Gauleiter ehren, der ein Jahr zuvor tödlich verunglückt war. Aber dabei bleibt es nicht. In der ersten August-Woche des Jahres 1936 wurden die Denkmäler Mendelssohns und Immermanns an der Oper von den Nazis demontiert. Der Sprecher des Presseamtes der Stadt Düsseldorf erklärte dazu: „Jeder deutschbewußte Bürger und Besucher Düsseldorfs erachtet die Entfernung des Mendelssohn-Denkmals als eine nationale Selbstverständlichkeit. Dieses Standbild in einer freigeistigen Zeit entstanden, kann kein Schmuckstück eines Theaters sein, das berufen ist, Mittler deutscher Kunst und Hüter deutscher Kultur zu sein.“

Die Entfernung des Immermann-Denkmals musste anders begründet werden, weil man seiner Familie keine jüdische Herkunft nachweisen konnte. Also sprach man davon, dass das Schauspielhaus aus optischen Gründen symmetrisch bestückt werden müsse und deshalb beide Nischen gleichzeitig geräumt werden müssten. In den „Düsseldorfer Nachrichten“ hieß es dazu am 31. Juli 1936: „Wenn dann die neue Theatersaison einsetzt, werden Düsseldorfs Theaterbesucher erstaunt sein, wie sich das Opernhaus in der kurzen Sommerpause vorteilhaft verändert hat.“

Das Mendelssohn-Denkmal stand nach seinem Abriss noch vier Jahre verborgen im Ehrenhof. Dann wurde es endgültig eingeschmolzen – übrigens genauso wie die Heinrich-Heine-Gedenktafel vom Heine-Geburtshaus und einige andere Erinnerungstafeln. Das eingeschmolzene Material dieser beiden Denkmäler von Mendelssohn und Heine wurde dann zur Unterstützung der bekannten Sammelaktion verwandt, die „als Metallspende des deutsches Volkes zum Geburtstag des Führers“ ins Leben gerufen worden war.

Das Immermann-Denkmal wurde dagegen kurz nach seinem Abriss im Hofgarten wieder aufgestellt und steht dort bis heute in unmittelbarer Nachbarschaft zum neuen Schauspielhaus.

Auch in Leipzig hatten die Bürger wie in Düsseldorf zu Ehren Mendelssohns für ein großes Denkmal gesammelt und dasselbe vor dem Gewandhaus errichten lassen. Wenige Monate nach der Denkmalzerstörung in Düsseldorf ließen die Nazis in der Nacht vom 9. zum 10. November 1936 auch das Denkmal in Leipzig entfernen und später einschmelzen. Sie errichteten statt dessen einen großen Sockel für ein Richard-Wagner-Denkmal und verwendeten für die Kandelaber sinnigerweise die eingeschmolzene Bronze, die zuvor die Musen des Mendelssohn-Denkmals gebildet hatten. Nach der deutschen Wiedervereinigung haben die Leipziger Bürger aufgrund einer Initiative des Dirigenten Masur und des damaligen Oberbürgermeisters Tiefensee sofort erneut für ein Mendelssohn-Denkmal gesammelt und ein neues originalgetreues Mendelssohn-Denkmal an seinem ursprünglichen Standort errichten lassen. Auch in den anderen deutschen Städten, in denen es Mendelssohn-Denkmäler gegeben hatte, wie z. B. in Berlin und Hamburg, sind diese längst wiederhergestellt. Nur in Düsseldorf gibt es bis heute – 65 Jahre nach dem Krieg – noch immer kein Mendelssohn-Denkmal.

Machen wir einen kleinen Exkurs. Sie alle wissen, dass es in Düsseldorf noch einen zweiten großen Komponisten gab, der wenige Jahre nach Mendelssohn, nämlich von 1850 – 1854 als Städtischer Musikdirektor nach Düsseldorf berufen wurde: Robert Schumann. Schumann nannte seinen Kollegen Mendelssohn oft respektvoll den „Mozart des 19. Jahrhunderts“. Beide Komponisten waren miteinander durch eine von wechselseitigem Respekt getragene enge Freundschaft verbunden.

(Dazu drei kleine Beispiele: Als Schumann 11 Jahre nach Schuberts Tod in dessen Nachlass die unveröffentlichte „Große C-Dur-Symphonie“ Schuberts entdeckte, übergab er Mendelssohn die Partitur, damit der große Musikveranstalter und Dirigent die Uraufführung übernähme. Als Schumann sein großartiges „Klavierkonzert op. 54“ vollendet hatte, übergab er wiederum die Partitur Mendelssohn zur Uraufführung seines Werkes, bei der Clara Schumann den Klavierpart übernahm. Mit Robert Schumanns Zustimmung musizierte Mendelssohn häufig gemeinsam in Konzerten mit Clara Schumann, und zwanzigmal hat Mendelssohn Konzertveranstaltungen dirigiert, bei denen Clara Schumann als Solistin auftrat. Ich verehre die Musik Robert Schumanns genauso wie die Mendelssohns. Ich möchte unbedingt vermeiden, die musikalische Bedeutung beider Komponisten zu vergleichen. Aber ich glaube, schon aus den genannten Beispielen ist deutlich geworden, dass Schumann Mendelssohn für den größeren Dirigenten hielt.)

Was die Jahre anbetrifft, in denen Robert Schumann in Düsseldorf lebte, so waren sie zwar von großen kompositorischen Erfolgen geprägt (sein populärster Erfolg ist sicher die „Rheinische Symphonie“, die er in der Ankunftseuphorie in nur wenigen Tagen komponiert hatte). Aber wer die Zusammenhänge nur ein wenig genauer kennt, weiß, dass sein Wirken für die Stadt Düsseldorf als Städtischer Musikdirektor schon wegen seiner gesundheitlichen Probleme mit dem erfolgreichen und zukunftsweisenden Wirken Mendelssohns nicht vergleichbar ist. Auf den tragischen Verlauf der Schumann-Jahre in Düsseldorf, die bekanntlich mit einem Selbstmordversuch endeten, möchte ich deshalb hier bewusst nicht näher eingehen.

(Schon bald nach Dienstantritt gestaltete sich für Robert Schumann die Zusammenarbeit mit dem Düsseldorfer Orchester so schwierig, daß seine Frau Clara oft vermitteln oder sogar bei der Orchesterarbeit aushelfen mußte. Schumann überlegte deshalb schon frühzeitig, sein Amt des Städtischen Musikdirektors vorzeitig niederzulegen. Aber sein sechstes Kind Eugenia hatte sich angekündigt, und das vergrößerte seine wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in denen er sich damals bereits befand. Als im Laufe des Jahres 1852 in der Stadt sogar Rücktrittsforderungen laut wurden, fühlte sich Schumann, der ohnehin gesundheitlich geschwächt war, auch noch seelisch schwer verletzt. Wie wir alle wissen, versuchte er ein Jahr später am Rosenmontag 1854 durch einen Sprung von der Oberkasseler Brücke in den Rhein sich das Leben zu nehmen. Er wurde zwar gerettet, aber in die Heil- und Pflegeanstalt in Endenich eingewiesen, wo er eineinhalb Jahre später verstarb.)

• Düsseldorf kann jedenfalls stolz sein, dass ihre früheren Stadtväter sich bei der Auswahl ihrer Städtischen Musikdirektoren für zwei so berühmte Komponisten wie Mendelssohn und Schumann entschieden haben. So viel kluge Vorausschau ist Stadtvätern selten gegönnt. An das Wirken von Mendelssohn und Schumann für unsere Stadt zu erinnern, ist deshalb eine lohnende und ehrenvolle Aufgabe, meines Erachtens sogar eine Pflicht. Folgerichtig hatten deshalb ja auch Stadt und Bürgerschaft vor dem Krieg beiden ein würdiges Denkmal gesetzt.

Nach dem Krieg hat sich das Ganze aber ganz anders entwickelt. Schumann allein wurde zum „musikalischen Helden“ unserer Stadt. Wir kennen in Düsseldorf heute eine Robert-Schumann-Hochschule, eine Clara-Schumann-Musikschule, eine Robert-Schumann-Gesellschaft, eine Robert-Schumann-Gedenkstätte, eine Robert-Schumann-Forschungsstelle, einen Robert-Schumann-Saal, ein Robert-Schumann-Denkmal im Hofgarten, eine Robert-Schumann-Büste am Eingang der Tonhalle, eine Schumann-Straße und das traditionelle Schumann-Fest, das wir alle zwei Jahre feiern.

Aber was ist mit Mendelssohn? An Mendelssohn erinnert in Düsseldorf nur eine Mendelssohn-Straße, der man nach dem Krieg korrekterweise ihren Namen zurückgegeben hat, eine Mendelssohn-Büste im Opernhaus und eine Büste am Eingang der Düsseldorfer Tonhalle.

Schluss im nächsten Eintrag (4)

BIld: Cécile Charlotte Sophie Mendelssohn Bartholdy (geborene Jeanrenaud, * 10. Oktober 1817 in Lyon; † 25. September 1853 in Frankfurt am Main) war die Ehefrau von Felix Mendelssohn Bartholdy und die Mutter des Historikers Carl Wolfgang Paul Mendelssohn Bartholdy (1838–1897) sowie des Chemikers Paul Mendelssohn Bartholdy (1841–1880).

(1) Mit dem Mendelssohn-Jahr 2009 intensivierten sich die Bemühungen von Düsseldorfer Bürgern, das von den Nazis zerstörte Mendelssohn-Denkmal im öffentlichen Straßenraum wieder aufzustellen (siehe vorangegangene Artikel zur Gründung des Vereins zur Wiederaufstellung des Mendelssohn-Denkmals).

Ein Mann der ersten Stunde war neben Prof. Dr. Kortländer, Bernd Dieckmann, dem Musikvereinsvorstand Manfred Hill auch Dr. Edgar Jannott, Vorstandsmitglied der Gesellschaft der Freunde und Förderer der Tonhalle Düsseldorf e.V.. Dr. Jannott hielt in vielen Gremien einen Vortrag über Felix Mendelssohn Bartholdy, den wir wegen der vielen Bezüge zu Düsseldorf und zum Städtischen Musikverein in dieser Musikvereinschronik verankern und für interessierte Leser erhalten wollen:

"Wir haben die Chance, etwas wieder gutzumachen

Ein Plädoyer für Felix Mendelssohn Bartholdy
und ein Erinnern an sein Wirken in unserer Heimatstadt Düsseldorf.

Möglicherweise lässt die Formulierung des Themas meines Vortrags die Intentionen, die ich mit ihm verbinde, etwas im Unklaren. Ich vermute aber, dass der eine oder andere trotz des etwas verdunkelten Themas schon ahnt, worauf ich hinaus will. Alle anderen möchte ich mit der unklaren Formulierung ein wenig provozieren und zugleich neugierig machen.

Im ersten Teil meines Vortrags werde ich Ihnen einen kurzen Überblick über das Leben von Felix Mendelsohn Bartholdy geben. Im zweiten Zeil meines Vortrags werde ich dann näher auf sein Wirken in unserer Heimatstadt Düsseldorf eingehen, um Ihnen dann im dritten Teil aufzuzeigen, was wir wieder gutmachen könnten.

• Nun zum ersten Teil, dem Überblick über Mendelssohns Leben:

Für die meisten von uns war Mendelssohn nur ein großer deutscher Komponist. In Wirklichkeit war er viel mehr und hat ein auch ganz anderes Leben gelebt als die anderen großen Komponisten, die wir kennen. Er war (ich zitiere wörtlich) „ein außergewöhnlich begabter Komponist, der talentierteste Dirigent seiner Zeit und ein hervorragender Pianist“. Ich füge diesem Zitat hinzu: Er war ein leidenschaftlicher Musikfest-Organisator, und er war vor allem der unbestrittene Wiederentdecker Bachs und Wiederbeleber der barocken Musik. Allein damit wurde er zu einem Weichensteller in der Musikgeschichte. Das alles hat er in 38 Lebensjahren geschafft, denn älter hat ihn unser Herrgott nicht werden lassen.

Schnell ein paar Striche zu seinem Leben: Am 3. Februar 1809 –also vor gut 200 Jahren – in Hamburg geboren wuchs er mit drei hochmusikalischen Geschwistern vor allem an der Seite seiner heißgeliebten älteren Schwester Fanny auf, mit der ihn bis zu seinem Tod eine ganz ungewöhnliche Geschwisterliebe und wechselseitiges Verständnis verband.

Sein Großvater war der berühmte jüdische Philosoph Moses Mendelssohn, der sich sein Leben lang um einen Brückenbau des Verständnisses zwischen Juden und Christen bemühte. Kant, Herder und Lessing waren seine Freunde. Lessing hat ihm mit der Person des Nathan in seinem Drama „Nathan der Weise" ein würdiges, ehrenvolles und ewiges Denkmal gesetzt.

Einer der Söhne von Moses Mendelssohn war Abraham, der Vater von Felix Mendelssohn. Abraham und sein älterer Bruder Joseph bauten zu ihren Lebzeiten das „Bankhaus Mendelssohn“ in Berlin auf, das sich im Laufe der Jahrzehnte zu einem der bedeutendsten Bankhäuser Deutschlands entwickelte. Im Rahmen der Arisierung wurde das Bankhaus Mitte der dreißiger Jahre von der Deutschen Bank entschädigungslos übernommen und 1938 endgültig liquidiert.

Nach allem, was man darüber in der Literatur findet, war die Familie Mendelssohn eine hoch gebildete, politisch liberale, geistig und künstlerisch aufgeschlossene und sehr wohlhabende Berliner Familie. Sie lebte in dem Haus, in dem heute der Deutsche Bundesrat tagt. Wichtige Personen des Berliner kulturellen Lebens wie Heine, Hegel, von Humboldt, Tieck, Bettina von Arnim gingen im Hause Mendelssohn ein und aus.

Seine musikalisch talentierte und sprachbegabte Mutter Lea entdeckte schon sehr früh dieselben Talente bei ihrem kleinen Felix und förderte sie nach Kräften. Als Felix sieben Jahre alt war, wurde der damals bekannte Pianist Berger sein Klavierlehrer, Karl-Wilhelm Henning sein Violinlehrer und Karl-Friedrich Zelter sein Lehrer für das Komponieren.

Sein erstes öffentliches Konzert in Berlin gab Felix als Neunjähriger. Gleichzeitig begann er früh und vor allem sehr fleißig zu komponieren. Schon bis zu seinem zwölften Lebensjahr hatte er 60 kleinere und größere Werke komponiert. Gleichzeitig gab er auch weitere öffentliche Konzerte als Pianist, die in Berlin Beachtung fanden. Außerdem war es im Mendelssohn’schen Haus üblich, kleine Sonntagskonzerte zu veranstalten. Felix schrieb auch für diese häuslichen Konzerte kleinere Kompositionen und dirigierte ab seinem 12. Lebensjahr nicht selten das jeweilige Hausorchester, das zu diesen Veranstaltungen eingeladen war.

Als Goethe von dem Wunderkind in Berlin hörte, lud er 1821 den Zwölfjährigen zusammen mit seinem Komponierlehrer Zelter für 16 Tage nach Weimar ein, wo er Mendelssohn immer wieder Gelegenheit gab, ihm vorzuspielen.

Die Eltern Mendelssohns, Abraham und Lea, erzogen ihre Kinder von Anfang an im christlichen Glauben. Am 21. März 1816 ließen sie ihre vier Kinder protestantisch taufen und ergänzten den Familiennamen um den christlichen Zusatz Bartholdy, um für den Glaubenswechsel auch ein äußerlich erkennbares Zeichen zu setzen. Die Eltern selbst konvertierten 1822 zum Christentum. Mendelssohn wuchs in diesem christlichen Elternhaus zu einem bekennenden Protestanten heran und blieb zeitlebens ein tiefreligiöser Christ.

Auch in der Musikliteratur findet man immer wieder den Hinweis, dass er ein bewusst bekennender Komponist war. Dafür brauche ich nur zwei Beispiele aus seinem großen symphonischen Werk anzuführen. Ich verweise dazu auf seine 2. Symphonie „Lobgesang“ und auf seine 5. Symphonie, die „Reformationssymphonie“. Die 2. Symphonie komponierte er zur 400-Jahr-Feier der Buchdruckerkunst. Sie wurde in der Thomaskirche zu Leipzig mit rund 500 Mitwirkenden in Chor und Orchester aufgeführt. Neben den Choralanklängen im Hauptthema lässt er im letzten Satz der Symphonie den Chor singen „Lobe den Herrn meine Seele und was in mir ist, seinen heiligen Namen. Lobe den Herrn meine Seele und vergiss nicht, was er Dir Gutes getan hat.“ Die 5. Symphonie komponierte er zum 300. Jubiläum der Confessio Augustana. Bei ihr verbindet er im Schlußsatz unüberhörbar sein musikalisches Thema mit Martin Luthers Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“. Die Komposition seiner beiden Oratorien „Paulus“ und „Elias“ dürfen wir genauso als Beweise seiner ausdrücklichen Bekenntnisbereitschaft werten wie die Vertonung der Psalmen.

Seinem Zeitgenossen Heinrich Heine, der Mendelssohn immer wieder als „musikalisches Wunder“ bezeichnete und der selbst auch nach seinem Studium vom Judentum zum Christentum überwechselt war, ging Mendelssohns „christliche Frömmelei“ sogar zu weit. Wir werden noch hören, daß die beiden trotz ihres Glaubenswechsels ihr Leben lang und über ihren Tod hinaus bis heute im Bild der Öffentlichkeit als Juden gelten.

Ein den jungen Komponisten Felix Mendelssohn und die damalige Musikwelt prägendes Ereignis war im März 1829 die Wiederaufführung von Bachs Matthäus-Passion. Wenige Jahr zuvor hatte er als Vierzehnjähriger von seiner Großmutter eine handgeschriebene Kopie der Matthäus-Passion als Geschenk erhalten und seitdem eifrig studiert. Über vier Jahre übte er mit seinen Freunden Stücke dieses damals nicht mehr bekannten Werkes ein mit dem Ziel, es eines Tages wieder aufzuführen. Dazu muss man wissen, daß nach den Feststellungen der Chronisten zwischen den Jahren 1750 und 1800 überhaupt keine Bach-Kompositionen mehr aufgeführt worden sind. Für die damalige Zeit war die Bach-Musik also vergessen und tot. Der 20-jährige Mendelssohn dagegen spürte, dass er die Chance hatte, eine die christliche Gedankenwelt fördernde Bach-Renaissance zu eröffnen. Als es dann endlich 1829 zur Aufführung der Matthäus-Passion kam, wählte Mendelssohn bewusst keine Kirche als Aufführungsort, sondern einen Saal, um deutlich zu machen, dass die christlichen Musikwerke Bachs mehr sind als nur Kirchenmusik. Die Aufführung wurde zu einem großen Erfolg. Sie musste zweimal wiederholt werden und wurde Ausgangspunkt einer weltweiten Bach-Renaissance, die bis zum heutigen Tage unverändert anhält.

Der große populäre Erfolg seiner Ouvertüre „Sommernachtstraum“, die er mit 17 Jahren komponiert hatte, seine vielen sonstigen Kompositionen und vor allem die Wiederaufführung der Matthäus-Passion, daneben aber auch seine Erfolge als Dirigent, Pianist und auch als Organisator von Musikveranstaltungen machten den Zwanzigjährigen in der musikalischen Fachwelt und dem Publikum bekannt und begehrt. Sein musikalisches Wirken sorgte einfach überall für Aufsehen. Die Berliner Universität wollte deshalb das junge musikalische Talent - insbesondere wegen der von ihm eingeleiteten Bach-Renaissance - mit einer Professur an sich binden. Aber Mendelssohn lehnte das ehrenvolle Angebot ab. Er wollte seine Freiheit nicht verlieren.

Stattdessen begannen 1829 seine Reisejahre, von denen ich aus Zeitmangel nur die wichtigsten Ziele kurz zusammenfassen kann. Mendelssohn war dreimal in Paris, einmal in Wien, Rom und Neapel, zehnmal in London und Birmingham und einmal in Schottland. In Deutschland besuchte er alle größeren Städte wie Leipzig, München, Stuttgart, Frankfurt, Köln, Aachen und natürlich Düsseldorf. Fast an allen nationalen und internationalen Zielorten gab der gefragte Pianist und Dirigent Konzerte.

Bedenken wir bitte, in Deutschland wurde 1835 die erste kleine Eisenbahnstrecke von Nürnberg nach Fürth eröffnet. Vor diesem Zeitpunkt hatte Mendelssohn auch ohne Eisenbahn schon ein großes Reisepensum im In- und Ausland erfüllt. Auch danach in den ihm verbleibenden zwölf Jahren konnte er noch nicht die Vorzüge eines geschlossenen Eisenbahn- und Straßennetzes in Deutschland genießen. Er musste also in seinem kurzen Leben all diese weiten Reisen im In- und Ausland mit der Kutsche bewältigen. Zu jener Zeit waren 40 – 45 Kilometer die äußerste Entfernung, die auf einer Kutschreise an einem Tage zurückgelegt werden konnte.

Auf seinen Reisen machte er übrigens insgesamt dreimal auf Einladung Goethes in Weimar Station und blieb bei dem großen Dichter nach den Berichten der Chronisten jeweils knapp zwei Wochen. Bei seinen Reisen nach England war er wiederholt Gast im englischen Königshaus, um mit der großen Königin Victoria und Prinz Albert gemeinsam zu musizieren. Bei seinem letzten Besuch widmete er der Königin Victoria seine „Schottische Symphonie“.

Auf der Rückreise von seiner dritten London-Reise besuchte er 1833 zum zweiten Mal Düsseldorf und leitete als 24-Jähriger das 15. Niederrheinische Musikfest. Er tat es mit so großem Erfolg, dass ihm die Stadt Düsseldorf sogleich die Ernennung zum „Städtischen Generalmusikdirektor“ anbot.

Fortsetzung im nächsten Eintrag.

Bild: Mit einer, nach dem Bild zu urteilenden, regelrechten Inszenierung endete das Mendelssohn-Denkmal Düsseldorfs im April 1940 in einem Transportkahn im Düsseldorfer Zollhafen. Es begann der Abtransport zur Sammelstelle für die "Metallspende des Deutschen Volkes". Der Arbeiter trägt eine schräg sitzende alte Pickelhaube und scheint große Freude bei diesem Vorgang zu haben.

(2) Fortsetzung Aufsatz Dr. Jannott zum Mendelssohn-Denkmal:

Mendelssohn konnte sich nicht gleich entscheiden. Er kam aber im September des gleichen Jahres nach Düsseldorf zurück, um hier die ihm angebotene Aufgabe für zwei Jahre zu übernehmen. Ausschlaggebend für seine Bereitschaft war ganz offensichtlich die Enttäuschung, dass er die nach dem Tode Zelters freigewordene Position des Direktors der Singakademie in Berlin, auf die er sich auf Drängen seines Vaters beworben hatte, nicht bekam. Bei dieser Berliner Entscheidung wird übrigens zum ersten Mal deutlich, dass es für Mendelssohn eine Belastung war, jüdische Vorfahren zu haben, und dass der Übertritt seiner Familie zum Christentum diesen scheinbaren Makel nicht beseitigen konnte. Wir werden auf dieses Thema leider noch öfter zurückkommen müssen.

Über die Düsseldorfer Schaffenszeit berichte ich im zweiten Abschnitt. Lassen Sie mich zunächst den Lebensbericht von Mendelssohn mit nur noch wenigen Fakten abschließen.

Nach seiner Schaffenszeit in Düsseldorf wechselte Mendelssohn 1835 nach Leipzig. Die Stadt Leipzig bot dem inzwischen weitbekannten Komponisten, Pianisten und Dirigenten die Leitung des berühmten Gewandhaus-Orchesters an. In Leipzig begann für Mendelssohn eine große Zeit, in der er seinen Ruf als Komponist, Pianist und Dirigent weiter ausbaute und daneben aber auch sein Geschick, Musik und Musikinstitutionen, Orchester, Singvereine u.ä. zu initiieren, verstärkte. In Anerkennung seiner Verdienste verlieh ihm schon 1836 die philosophische Fakultät der Universität Leipzig den Ehrendoktor.

Trotz der großen Aufgaben kam er 1836, also schon ein Jahr später nach Düsseldorf zurück, um beim Niederrheinischen Musikfest die Uraufführung seines Oratoriums „Paulus“ zu leiten. Von Düsseldorf eilte er nach Frankfurt, um für seinen erkrankten Freund Nepomuk Schelble kurzfristig die Leitung von dessen Chorverein für eine Bach-Aufführung zu übernehmen. Dieser Ausflug wurde zu seinem großen Glück. Er lernte bei den Proben seine künftige Frau kennen, eine 19-jährige hübsche Französin, Tochter eines evangelischen Pfarrers. 1838 heirateten die beiden und verbrachten bis zu seinem Tod zehn glückliche Jahre, in denen ihnen fünf Kinder geschenkt wurden. Einer seiner Söhne, der Naturwissenschaften studierte, gründete übrigens mit 30 Jahren den Chemie-Konzern „Aktiengesellschaft für Anilin-Fabrikation“, den wir alle später unter dem Namen „Agfa“ kennengelernt haben.

Aber zurück zu dem Wirken von Mendelssohn in Leipzig. Von seinen Aufführungserfolgen und dem musikalischen Interesse der Leipziger Bevölkerung angespornt, bemühte sich Mendelssohn mit großem Engagement um die Gründung eines Musikkonservatoriums, um ganz systematisch den musikalischen Nachwuchs in Leipzig zu fördern. Im April 1843 wurde unter seiner Regie die erste Musikhochschule Deutschlands, die „Musikakademie Leipzig“ gegründet.

Leipzig wurde unter Mendelssohns Regie zum unbestrittenen musikalischen Mittelpunkt Deutschlands. Der preußische König Wilhelm IV. sah diese Entwicklung in Leipzig ungern. Er erkannte, dass damit die musikalische Bedeutung Berlins immer mehr in den Hintergrund trat. Die Erfolge in Leipzig, die internationale Anerkennung Mendelssohns und sein offensichtlich so gewinnendes und sympathisches Wesen veranlassten den preußischen König Friedrich Wilhelm IV schließlich, den musikalischen Sympathieträger, zu dem Mendelsohn geworden war, nach Berlin zu beordern. Er ernannte ihn 1842 zum „Preußischen Generalmusikdirektor“ und erwartete von ihm den völligen Neuaufbau der Königlichen Musikakademie der Künste in Berlin sowie die erfolgreiche Leitung des Domchors. Aber Mendelssohn rieb sich schon bald an der Berliner Bürokratie und verlor dadurch die Lust an der Aufgabe. Nach kurzer Zeit bat er den preußischen König, ihn von den lästigen Verpflichtungen in Berlin zu befreien. 1845 kehrte Mendelssohn nach Leipzig zurück, nahm seine alte Stelle am Gewandhaus wieder auf und lehrte am Konservatorium. Die Stadt Leipzig ernannte ihn in Anerkennung seiner Heimattreue zum Ehrenbürger der Stadt.

In Düsseldorf hatte Mendelssohn sein großes Oratorium „Paulus“ komponiert. In Leipzig widmete er sich jetzt seinem zweiten großen Oratorium, dem „Elias“, das am 26. August 1846 beim Birmingham-Festival in England uraufgeführt wurde. Das Werk wurde so enthusiastisch gefeiert, dass 1847 Mendelssohn ein zehntes Mal nach England reiste, um mehrere Aufführungen des Elias selbst zu leiten. Als Mendelssohn von dieser Reise zurückkehrte, erreichte ihn die Nachricht vom Tod seiner Lieblingsschwester Fanny, mit der er sein ganzes Leben lang in einem engen persönlichen und brieflichen Kontakt gestanden hatte. Als Mendelssohn, der zu diesem Zeitpunkt durch die vielen Reisen und seine vielen Konzertverpflichtungen gesundheitlich wohl sehr geschwächt war, von dem Tod seiner Lieblingsschwester Fanny hörte, zog er sich spontan aus dem öffentlichen Leben zurück. Schon wenige Wochen später erlitt er einen Schlaganfall und verstarb mit 38 Jahren am 4. November 1847 in Leipzig.

Mendelssohn war nicht nur Ehrenbürger der Stadt Leipzig und Ehrendoktor der Universität, sondern dort auch ein sehr beliebter Bürger. Seine Bedeutung für Leipzig und für die Musikwelt hatten die Leipziger Bürger schon zu seinen Lebzeiten richtig erkannt. Chronisten berichten, dass am Tage seiner Trauerfeier in der Handelsstadt Leipzig alle Geschäfte geschlossen blieben und alle Türme schwarze Trauerfahnen flaggten. In der Paulinerkirche wurde ihm mit dem Schlußchor aus der Matthäus-Passion von einem riesengroßen Chor ein letzter Gruß zugerufen. Bei dem anschließenden Trauerzug sollen mehr als 30.000 Menschen Mendelssohn auf seinem letzten Weg in Leipzig begleitet haben. Seine endgültige Ruhe aber fand er in einem Ehrengrab der Stadt Berlin, in der schon seine von ihm hochverehrten Eltern und vor allem seine Schwester Fanny ihre letzte Ruhe gefunden hatten. Der Sarg mit dem Leichnam wurde mit einem Extrazug auf der neuen Eisenbahnstrecke von Leipzig nach Berlin gebracht. Chronisten berichten, daß der Zug an verschiedenen Stationen wie z.B. Köthen, Dessau und Halle anhalten mußte, um den rasch zusammengerufenen Chören und Sängervereinen die Chance zu geben, Mendelssohn ihre letzte Referenz zu erweisen.

Die damalige Musikwelt mit all den Freunden und Verehrern, die Mendelssohn in seinem kurzen Leben gefunden hatte, war tief erschüttert über den plötzlichen Tod. Dies gilt nicht nur für die Musikwelt Deutschlands und Europas, sondern z.B. auch für die der USA, die ja für die damalige Zeit – als es noch keine Flug- und Funkverbindungen gab – von Deutschland weit entfernt war. Schon sechs Wochen nach seinem Tod veröffentlichte die New York Tribune vom 13. Dezember 1847 einen Nachruf, in dem es heißt: „Am 4. November verschied Dr. Felix Mendelssohn Bartholdy, der größte lebende Komponist in seinem 38. Lebensjahr; er war zwei Jahre älter als Mozart und zwei Jahre jünger als C. M. von Weber. Dieser vorzeitige Tod, der für die ganze musikalische Welt ein nicht wieder gutzumachender Verlust ist, wurde durch eine Gehirnerkrankung verursacht und ohne Zweifel durch schwere geistige Arbeit herbeigeführt. Seit 1835 lebte er in Leipzig, wo er mit den ungewöhnlichen Begabungen ein so lebhaftes und vornehmes Verhalten in sich vereinigte, dass er die Herzen aller gewann. Es ist überall anerkannt, dass Mendelssohn ohne einen Feind starb. Wahrlich – in ihm war ein hervorragender Geist.“

Das Wohn- und Sterbehaus Mendelssohns in Leipzig in der Goldtschmidtstraße 12 ist als Ort von nationaler Bedeutung in das Blaubuch der Bundesregierung aufgenommen worden.

Über die Werke Mendelssohns gibt es zwei Werksverzeichnisse. Das erste Werksverzeichnis von 1882 listet 350 Kompositionen auf. Ein erst im August 2009 zu seinem 200. Geburtstag aufgelegtes neues wissenschaftliches Werksverzeichnis der Mendelssohn-Forschungsstelle der Sächsischen Akademie der Wissenschaften weist 750 Kompositionen auf. Aber Mendelssohn ist für uns nicht nur als Komponist wichtig, sondern vor allem auch als der Wiederentdecker der barocken Bach’schen Musiktradition. Am Rande wird man anmerken dürfen, dass Mendelssohn einer der ersten war, der das Orchester bei instrumentaler Musik nicht als Virtuose von einem Instrument aus dirigierte, sondern der sich freimachte von dem Instrument und sich ganz als Dirigent der Leitung des Orchesters widmete, so wie wir es heute kennen. Auch gehörte Mendelssohn zu den Dirigenten, die es nicht schätzten und es dem Publikum deshalb untersagten, zwischen den Sätzen einer Symphonie zu applaudieren, obwohl das bis dahin durchaus üblich war. Soviel in ganz groben Strichen das Notwendigste zum Leben Mendelssohns.

• Und nun – im zweiten Teil meines Vortrags - wenigstens ein paar kurze Informationen zum Wirken Mendelssohns in Düsseldorf:

Ich hatte Ihnen bereits berichtet, dass Mendelssohn mit einem ganz ungewöhnlichen Erfolg 1833 das 15. Niederrheinische Musikfest in Düsseldorf geleitet hatte. Düsseldorf war begeistert von Mendelssohns Art des Dirigierens und Auftretens, aber natürlich besonders auch von seiner „Italienischen Symphonie“, die bei diesem Musikfest ihre deutsche Uraufführung erfuhr. Vermutlich aus der erwähnten Enttäuschung über die Absage aus Berlin nahm Mendelssohn das Angebot der Stadt Düsseldorf an und wurde Generalmusikdirektor in unserer Stadt. Eine große Herausforderung, aber auch eine große Chance für den erst 24-Jährigen.

Sein Auftrag war die Neuorganisation, Ausbildung und Niveauförderung bei den Chorvereinigungen und dem Orchester, der Aufbau eines festen Repertoires für beide Klangkörper, der Aufbau einer entsprechenden Notensammlung mit dem Ziel, aus allem ein regelmäßiges Konzertangebot für die Düsseldorfer Bürger zu bereiten. Zusätzlich bekam Mendelssohn den Auftrag, auch die Kirchenmusik an den beiden Stadtkirchen Lambertus und Maximilian zu fördern, und schließlich auch noch den Auftrag, zusammen mit Karl Immermann, dem Intendanten des Düsseldorfer Theaters, musikalische Aufführungen und Opern zu inszenieren.

Düsseldorf hatte damals mit dem Verlust seines Hofes an Ruf verloren und musste nun aus eigenen Kräften dafür sorgen, dass auch die Kunst in dieser Stadt wieder einen Stellenwert bekam. Düsseldorf hatte zwar zu dieser Zeit kaum mehr als 20.000 Einwohner, aber es gab eine große engagierte Bürgerbewegung, die das kulturelle Leben in der Stadt fördern wollte. Die von der Bürgerschaft getragene Gründung einer Musikakademie, die Gründung des Städtischen Musikvereins und die Gründung der Niederrheinischen Musikfeste war der erste Schritt. Die Gründung der Kunstakademie mit der Berufung von Cornelius als Gründungsdirektor und Schadow als dessen Nachfolger war der zweite Schritt, aus dem sich bald die sogenannte Düsseldorfer Malschule ent-wickelte. Das Engagement Immermanns für den Aufbau der Städtischen Bühne und wenig später die Berufung Mendelssohns als städtischer Musikdirektor und Aufbauförderer des städtischen Musiklebens waren der dritte Schritt. Mit Mendelssohn bekamen von Schadow und Immermann genau den richtigen Mitstreiter für das von der Bürgerschaft begeistert getragene neue Kulturleben in unserer Stadt.

Mendelssohn hat sich seinem umfassenden Auftrag mit ganzer Kraft und großem Elan gewidmet. Es hat ihm offensichtlich Freude gemacht, sich nicht nur dem künstlerischen Engagement hinzugeben, sondern sich auch den praktischen Organisationsfragen, der Instrumentenpflege und der Ausgestaltung der Konzerträume zu widmen. Bei allem ging es ihm um eine gezielte Professionalisierung der musikalischen Darbietung und um eine Qualitätssteigerung des jeweiligen Veranstaltungsrahmens, denn bis dahin war das Düsseldorfer Musikleben ähnlich wie in anderen Städten um diese Zeit noch relativ dilettantisch organisiert und gestaltet. Das jugendliche und schwungvolle Engagement Mendelssohns fand große Zustimmung, uneingeschränktes Wohlwollen und die Unterstützung aller interessierten Bürger.

Der Kulturdezernent unserer Stadt, Herr Lohe, hat erst kürzlich bei der Eröffnung der zu Recht viel beachteten Sonderausstellung des Heine-Institutes zum 200. Geburtstags Mendelssohns in einem Redebeitrag festgestellt: „Mendelssohn hat den Grundstein gelegt für das Musikleben in Düsseldorf. Als Mendelssohn nach Düsseldorf kam, war das Konzertwesen zum Erliegen gekommen. Auch in den Düsseldorfer Kirchen gab es keine nennenswerte Musik. Mendelssohn begann in Düsseldorf bei Null“.

Dieses Bekenntnis unseres Düsseldorfer Kulturdezernenten spricht für sich. Ich würde es gern – hätte ich nur die Zeit – mit vielen Beweisen unterlegen. Halten wir stattdessen einfach fest: Mendelssohn hat für das Musikleben Düsseldorfs die Basis geschaffen und die Zukunftsweichen gestellt. Mendelssohn war also auch für uns ein Glücksfall.

Düsseldorf war damals, wie erwähnt, noch eine relativ kleine Stadt. In einem seiner lesenswerten, humorigen Briefe amüsiert sich Mendelssohn über die Spießigkeit der Düsseldorfer Bürger. Dort heißt es: „Sie sind schwierig, leicht zu beleidigen, sehr eigensinnig und etwas störrisch, sonst aber gutmütig. Man muss viel Geduld mit ihnen haben.“ Auf der anderen Seite muss er sich in Düsseldorf wohlgefühlt haben, denn wir alle kennen das oft wiederholte Zitat: „Übrigens gefalle ich mir prächtig hier“.

Mendelssohn wohnte in dem herrschaftlichen Haus des neuen Chefs der Kunstakademie, Wilhelm Schadow. Er hielt sich ein Pferd und liebte es offensichtlich sehr, durch die Stadt zu reiten. Er hatte auch unter den Düsseldorfer Künstlern der neuen Kunstakademie viele Freunde, mit denen er viel feierte, viel diskutierte, aber auch regelmäßig im Rhein schwamm. Als junger hübscher Mann war er nur mit den jungen Mädchen der Stadt nicht einverstanden. Dazu ein Beispiel aus einem anderen Brief: „Den jungen Mädchen hier klebt alles Grässliche einer kleinen deutschen Stadt an: plumpe Hände und Hässlichkeit. Dies ist sehr zu bejammern, weil ich mich gar zu gern auf der Stelle verliebte und wahre Sehnsucht nach dem einen oder dem anderen hübschen Mädchen habe. Es gibt aber hier keine. Und so muss ich still zu Hause sitzen, Lieder ohne Worte machen, das Oratorium weiterbringen, abends mit Schadow Schach spielen und nach der Diät leben.“

Aber nicht die Mädchen waren der Grund, dass Mendelssohn seinen dreijährigen Vertrag mit der Stadt Düsseldorf schon nach zwei Jahren beendete, sondern es war ein Streit mit dem Theaterintendanten Immermann, mit dem er sich die Theaterintendanz zu teilen hatte. Immermann war zuständig für die Schauspielkunst und er für die Oper und das Musiktheater. Das ging nicht gut und deshalb nahm er 1835 das erwähnte verlockende Angebot an, Chef des schon damals berühmten Gewandhausorchesters in Leipzig zu werden. Die Düsseldorfer nahmen ihm seinen Weggang nicht übel, sondern waren ihm dankbar für die wertvollen Fundamente, die er in den zwei Jahren seines Wirkens für die Zukunft des Düsseldorfer Musiklebens gelegt hatte.

Fortsetzung im nächsten Eintrag (3)

Bild: Fanny und Felix Mendelssohn Bartholdy

Festveranstaltung der Westdeutschen Landesbank als 20. "Weihnachtskonzert"
in der Philharmonie Essen (RUHR 2010, Kulturhauptstadt Europas):

Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 9 op. 125
Thora Einarsdottir, Sopran
Ann-Katrin Naidu, Mezzosopran
Marcus Ullmann, Tenor
Hans Christoph Begemann, Bariton
Duisburger Philharmoniker
Ainars Rubikis

In der ersten Konzerthälfte war zu hören:
Johann Sebastian Bach: Violinkonzert, E-Dur, BWV 1042
Frank Peter Zimmermann
Johann Sebastian Bach: Konzert für zwei Violinen, d-Moll, BWV 1043
Frank Peter und Serge Zimmermann

Für den Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf war dies -mitten in der Aufführungsserie "Manfred" in Düsseldorf- erstmals eine Gelegenheit, in der neuen Philharmonie von Essen auftreten zu können. Auch ergab sich auf diese Weise recht kurzfristig ein zweites gemeinsames Musizieren mit den Duisburger Philharmonikern, die ja einen großen Teil des Orchesters für die 8. Mahler unter Lorin Maazel (10./12.9.2010) bildeten.

Bild: Der Chor des Städtischen Musikvereins in der Essener Philharmonie bei der Generalprobe.

Am 11.3.2011 erschütterte die Welt eine dreifache Katastrophe in Japan: Erdbeben, Zsunami und Zerstörung des Kernkraftwerkes Fukushima mit allen seinen apokalypthischen Folgen.

Auf Vorschlag der Düsseldorfer Symphoniker fanden sich unser Orchester und das WDR Sinfonieorchester, ein Solistenensamble und der Rundfunkchor des WDR mit dem Chor des Städtischen Musikvereins unter der Leitung von Yutaka Sado zu einem spontanen "Solidaritäts- und Mutkonzert Düsseldorf-Japan" zusammen.
Auf dem Programm stand die besonders auch in Japan so populäre 9. Symphonie von Ludwig van Beethoven.

Jahreseinführung 2011
In dieser besonderen Jahreseinführung wurde auch und vor allem Marieddy Rossetto für ihre 10-jährige Tätigkeit als Chordirektorin des Städtischen Musikvereins gedankt.

Der Städtische Musikverein schätzt sich glücklich, von einer derartig engagierten Chordirektorin musikalisch geführt zu werden.

In ihrer 10-jährigen Tätigkeit bereitete Marieddy Rossetto 178 Konzerte vor in denen 213 verschiedene Werke zur Aufführung kamen.

Ihre chorerzieherische Tätigkeit und ihre Arbeit zur Einstudierung vieler so unterschiedlichen Werke kann nur mit großer Hochachtung bewertet werden. Einundfünfzig verschiedenen Dirigenten übergab Marieddy Rossetto den vorbereiteten Chor für die vorgenannten Konzerte.

Auch wurde der außerordentliche Einsatz von Marieddy Rossetto im Musikvereins-Educationprojekt "SingPause" gewürdigt. Die vielfältigen Aufgaben, die Marieddy Rossetto hierbei ausfüllt, können kaum beschrieben werden: In ihren Händen liegt die künstlerische Leitung der "SingPause", die Betreuung der Singleiterinnen und Singleiter, der Kontakt zu den Schulen und viele organisatorische Arbeiten in Vorbereitung und Durchführung der Kinderkonzerte in der Tonhalle Düsseldorf. Mittlerweile werden 12 Kinderkonzerte mit jeweils 1.100 Grundschulkindern veranstaltet.

Bild: Marieddy Rossetto freut sich über die Glückwunsche und den Dank des Chores bei der Jahreseinführung 2011.

Musikfest = Düsseldorf - Schumann-Jahr 2010

Information aus unserem Schallarchiv zur im vorgenannten Eintrag beschriebenen "Manfred"-Aufführung:

Es ist der Ruf der „Unaufführbarkeit“, der dem „Manfred“ von Lord Byron und Robert Schumann vorauseilt, und –abgesehen von der Ouvertüre- so selten eine künstlerische Realisation wie Begegnung möglich macht. Düsseldorf, als Schumann-Stadt bekannt, stellte eine völlig neue Sichtweise ins Zentrum des Schumann-Jahrs 2010: die visuelle Umsetzung durch den Video-Künstler Johannes Deutsch. Dieses Unterfangen fand insoweit zusätzliche internationale Beachtung, als sowohl das ZDF als auch das Klassik-DVD-Label „ARTHAUS“ das höchst aufwendige Multimedia-Projekt in alle Welt verbreiteten.
Aber auch die Beschränkung auf das reine Hörerlebnis scheint es uns wert, diese Produktion in das Schallarchiv des Musikvereins aufzunehmen. Der Manfred von 2010 ist im Gegensatz zum gleichen Werk unter der Leitung von John Fiore und mit Klaus Maria Brandauer (siehe Vol. 74) aus dem Jahre 2006 nicht nur theaternäher, sondern auch um einiges vollständiger und dem Text von Lord Byron in der Fassung von Karl Adolf Suckow engstens verpflichtet. Chor wie auch Orchester hatten sich in der Tonhalle den Vorgaben der visuellen Darstellung deutlich unterzuordnen, wobei der Chor sich auf dem Rang links und rechts einer großen Projektionsfläche aufteilte: jeweils mit allen Stimmgruppen. Probentechnisch wie klang-organisatorisch bedeutete das eine von der üblichen Aufstellung in erheblicher Weise abweichende Herausforderung. Die Hintergrundgeräusche, die man beim genauen Hinhören immer dann wahrnimmt, wenn Orchester und Chor den vollen Klangraum beanspruchen, erklären sich aus den Lüftern der Beamer, die im ganzen Saal verteilt die Bildkunst von Johannes Deutsch projizierten: das Innenleben Manfreds, seine Umgebung und Visionen. Sänger wie Sprecher blieben nahezu unsichtbar.
Die Resonanz auf dieses Experiment war einhellig positiv; Nicht wenige Stimmen sagten später: “Man kann das Stück eigentlich nur so machen!“
Eine größere Anerkennung ist wohl kaum denkbar….

Musikfest = Duisburg - Kulturhauptstadt 2010

Nach dem Konzert lud "Ruhr 2010" in die Gebläsehalle des Landschaftsparkes Duisburg zu einem Empfang ein. Bundespräsident Christian Wulff führte eine große Reihe von Politikern und Prominenten an: Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, Bundestagspräsident Norbert Lammert, Ruhr 2010 Chef Fritz Pleitgen, Duisburgs OB Adolf Sauerland und viele mehr.
Der Bundespräsident, die Ministerpräsidentin, der Ruhr 2010-Chef und Steven Sloane würdigten das großartige musikalische Ereignis sowie die Leistung aller Mitwirkenden und der Organisation.
Dieses so positive Ereignis war auch Balsam auf die Seele der Stadt Duisburg, die von den Folgen des Loveparade-Unglücks sehr bedrängt ist und war.
Der Bundespräsident sprach äußerst einfühlsam in Einzelgesprächen mit Opfern und Angehörigen von Opfern der Loveparade.
Weit nach Mitternacht fand die harmonische Veranstaltung ihr Ende.

Bild: Der Bundespräsident im Gespräch mit Lorin Maazel bei der Konzert-Nachfeier.

Musikfest = Duisburg - Kulturhauptstadt 2010

Gustav Mahler: Symphonie Nr. 8 “Symphonie der Tausend”
Manuela Uhl, Sopran I
Nancy Gustafson, Sopran II
Anna Virovlansky, Sopran III
Lioba Braun, Alt I
Kismara Pessatti, Alt II
Thomas Studebaker, Tenor
Dimitri Vargin, Bariton
Jan-Hemdrik Rootering, Bass

1.150 Mitwirkende aus 20 Chören und zehn Kinder- und Jugendchören
180 Mitglieder aus sechs Symphonieorchestern (Duisburg, Dortmund, Essen, Hagen, Bochum, Gelsenkirchen)

Lorin Maazel

Informationen aus dem Schallarchiv zu diesen Konzerten (10. + 12. 9. 2010):

Es gibt Werke, die entziehen sich in ihrer Wirkung selbst den modernsten, multimedialen Übermittlungstechniken; die monumentale 8. Symphonie von Gustav Mahler gehört dazu. Der Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf gehört wohl weltweit zu den Ensembles, die sich im Laufe ihrer Geschichte am häufigsten mit Mahlers Klanguniversum auseinandergesetzt haben: Schon 1912 (mehr als 1.000 Mitwirkende!) wollte man mit der Uraufführung in München nahezu gleichziehen. Es folgten 30(!) Aufführungen, verteilt über die prominentesten Konzertorte Europas und den USA. Internationale Spitzendirigenten wie Bernard Haitink, Michael Tilson-Thomas, James Conlon und Lorin Maazel leiteten dabei den Chor. Was jedoch im Jahre 2010 in Duisburg geschah, stellt sicher alles bislang gehörte in den Schatten. Aus der gesamten Region fanden sich unter dem organisatorischen Dach „RUHR.2010–Kulturhauptstadt Europas“ über 1.300 Musiker und Sänger zusammen, um „das Größte, was ich bis jetzt gemacht“ (Mahler) exakt 100 Jahre nach der Uraufführung erneut zu musizieren. Schon die Anzahl der Ausführenden würde eine ausverkaufte Vorstellung an der Berliner Staatsoper bedeuten. Es war also klar, dass kein konventioneller Konzertsaal diesen Anforderungen hätte gerecht werden können. Ungewohnt, weil weit ab jeglicher kultureller Nutzung einst gebaut, bot sich die 170 m lange und 34 m breite Kraftzentrale im Landschaftspark Duisburg-Nord an. Hier konnten neben den Ausführenden bequem mehr als 2.500 Zuhörer Platz finden. Die Aufführung am 12.9.2010 war binnen weniger Stunden ausverkauft. Für die daraufhin zur „Voraufführung“ erklärte, öffentliche Generalprobe war ebenfalls in kürzester Zeit keine Karte mehr zu bekommen. Der WDR entschloss sich kurzfristigst, das Konzert (besser dieses „Event“) als Sondersendung ins Programm zu nehmen, das Fernsehen und zahllose Printmedien berichteten ausführlich. In Anwesenheit des Bundespräsidenten wurde zu Beginn der Aufführung der 21 Toten und zahlreichen Verletzten gedacht, die Wochen zuvor bei einer Massenpanik anlässlich der „Loveparade“ zu beklagen waren.
Künstlerisch wurde diese „Symphonie der Tausend“ nicht nur ihrem Beinamen gerecht, sondern auch ein gewaltiges und zutiefst bewegendes Erfolgserlebnis für alle, die dabei gewesen sind. Lorin Maazel bewies grandios mit seiner souveränen „Unaufgeregtheit“, welch hohe künstlerisch-menschliche Kompetenz er in seiner Person vereinigt, auch noch im ja schon beachtlichen Lebensalter von über 80 Jahren. Der Städtische Musikverein zu Düsseldorf ist stolz darauf, an diesem Projekt als einer der mit dem Werk vertrautesten Mitwirkenden erfolgreich teilgenommen zu haben: ein Markstein in seiner langen, bald zweihundertjährigen Geschichte: Das Unbeschreibliche, hier ist‘s getan!