Lebenslauf
Georg Lennart Schneevoigt

Im 6. Konzert dieser Saison 1925/1926 erlebten die Zuhörer einige Erstaufführungen:

1. Franz Schubert: Sinfonie Nr. 2, B-Dur
2. Heinrich Kaminski: Introitus und Hymnus für Sopran, Alt, Bariton, Violine, Bratsche, Violoncell, Orchester und kleinen Chor (Erstaufführung)
3. Alban Berg: Drei Stücke aus "Wozzeck" (Erstaufführung) Co van Geuns.
4. W. Richter: Sinfonie in einem Satz (Erstaufführung)
Das Städt. Orchester
Kaisersaal

Bild und Kurzbiographie: Heinrich Kaminski (* 4. Juli 1886 in Tiengen im Schwarzwald; † 21. Juni 1946 in Ried in Oberbayern) war ein deutscher Komponist. Kaminski war der Sohn eines altkatholischen Pfarrers und einer Opernsängerin.Nach einer kurzen Tätigkeit in einer Bank in Offenbach am Main begab er sich nach Heidelberg, ursprünglich, um dort ein Studium der Staatswissenschaften aufzunehmen. Doch die Begegnung mit Martha Warburg änderte diese Absicht. Sie erkannte seine musikalische Begabung und wurde zu seiner Förderin. 1909 ging er nach Berlin und begann ein Musikstudium am dortigen Sternschen Konservatorium. 1914 nahm er seine Tätigkeit als Klavierlehrer in Benediktbeuern auf. Zeitgenossen und Freunde in dieser Periode waren unter anderem die Maler Emil Nolde sowie Franz Marc, dessen Frau er in dieser Zeit Unterricht im Klavierspiel erteilte. Zur Zeit des Ersten Weltkrieges war Kaminski unter anderem als Chorleiter und Kompositionslehrer tätig. Es folgten Kompositionsstudien bei Hugo Kaun. Später erhielt er eine Professur an der Preußischen Akademie der Künste in Berlin und wurde dort Leiter einer Meisterklasse für Komposition; er trat damit die Nachfolge von Pfitzner an. Seine bedeutendsten Schüler waren Carl Orff, Heinz Schubert und Reinhard Schwarz-Schilling. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten erschütterte Kaminski und veranlasste ihn zur Komposition einer "Messe deutsch" nach eigenem Text, welcher die "Wirre Welt" beklagt. Sein Vertrag in Berlin lief mit dem Jahre 1933 aufgrund seiner „politischen Gesinnung“ ohne Verlängerung aus und er ging zurück nach Benediktbeuern. Kaminskis Musik wurde im NS-Staat zunächst überwiegend positiv aufgenommen. Der Komponist war außerdem Mitglied der Reichsmusikkammer, die 1938 noch einmal seine „Unbedenklichkeit“ wegen einer weiteren Mitgliedschaft erklärte. Ebenso wurde am 24. Mai 1937 im Rahmen der Reichsmusiktage ein Streichquartett Kaminskis uraufgeführt. Nach Meyers Lexikon 1939 galt er als „Moderner Komponist eigener Stilrichtung“. Auch während des Zweiten Weltkriegs wurden verschiedene seiner Werke verlegt und aufgeführt. Eine Überprüfung seiner Vorfahren – Kaminski wurde 1938 als „Halbjude“ eingestuft, 1941 wurde er zum „Vierteljuden“ erklärt – führte allerdings zu einem zeitweiligen Aufführungsverbot. Er sah sich mehrmals gezwungen zu fliehen, unter anderem nach Frankreich und in die Schweiz. Ende Februar 1943 bot Kaminski dem von der Gestapo verfolgten Mitglied der Widerstandsgruppe Weiße Rose, Alexander Schmorell, nach dessen Flucht aus Elmau für eine Nacht Unterschlupf. In den Jahren 1939 bis 1945 musste er den Verlust dreier Kinder beklagen. Heinrich Kaminskis Gesundheit verschlechterte sich in den letzten Kriegsjahren zunehmend. Er widmete seine gesamte Energie der Arbeit an seiner Oper "Das Spiel vom König Aphelius". 1946 starb Kaminski im Alter von knapp 60 Jahren, kurz nachdem er das Werk hatte fertig stellen können.