Die Probe als Vorlesung
Zum Tode von Bernhard Klee

15. May 2021 - Bernhard Klee
Es gibt wohl kaum einen Musikchef, der den Höhepunkt des internationalen Renommés des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf so intensiv begleitet und miterlebt hat wie Bernhard Klee in seiner 10-jährigen Amtszeit von 1977 – 1987. Klee war für den Konzertchor der Landeshauptstadt schlicht ein Glücksfall, besonders was seine Einstellung zu der Institution „Musikverein“ betrifft. Er hatte nicht nur den historischen Hintergrund vor Augen, er schöpfte vielmehr aus seiner eigenen, höchst persönlichen Vergangenheit als Thomaner in Leipzig. Die tiefgehende Beschäftigung mit der Literatur eines Johann Sebastian Bach, und die daraus erwachsene Verwurzelung in den Werken Mozarts und Beethovens bis hin zu Edison Denissow oder Oliver Messiaen charakterisieren seine Herangehensweise an Musik. Es war vor allem seine Einstellung gegenüber dem Phänomen „Laienchor“, die die Ära Klee für jeden, der diese Zeit miterleben durfte, zum Erlebnis machte. Sein künstlerisches Wesen war gepaart mit einer hohen intellektuellen Auseinandersetzung. Dabei suchte er stets den Geist zwischen den Noten aus der Zeit der Entstehung mit den Gegebenheiten des „Hier und Jetzt“ zu verbinden. Seine humorvollen wie gesellschaftskritischen Bezüge bleiben sicher allen in lebhafter Erinnerung, auch wenn so manche Probe sich weit über den zeitlich vorgesehenen Rahmen erstreckte. Die Folge war, dass das erste von drei Konzerten zur eigentlichen Generalprobe wurde; spannungsgeladen und äußerst intensiv. . .
Bernhard Klee und der Chor des Städtischen Musikvereins, das bedeutete eine tiefe gegenseitige Wertschätzung. Die Konstellation Klee – Prof. Schmidt – Kunibert Jung – Rainer Großimlinghaus – Manfred Hill war Garant für jene so ganz außergewöhnliche Entwicklung, die der Chor in den 70er und 80er Jahren des 20sten Jahrhunderts national wie international hat nehmen können. Dabei war Klees Verhältnis zu den Medien durchaus gespalten. Das verwundert im Nachhinein, war er doch in England (BBC-Philharmonic) wie auch bei der NDR-Radiophilharmonie (2x) in Hannover Chefdirigent eines Rundfunkorchesters, verbunden mit allen einschlägigen medialen Verpflichtungen.
Als Bernhard Klee von der bevorstehenden DDR-Tournee 1989 erfuhr meinte er: „ Ihr wisst, wie kritisch ich zu manchen Eurer zahlreichen Aktivitäten stehe, aber diese Reise hätte ich gerne mitgemacht!“. Es ging ja schließlich in seine alte Heimat.
Bernhard Klees Zeit in Düsseldorf lag noch größtenteils vor der Einrichtung einer Intendanz für die Symphoniker wie die Tonhalle. Das bedeutete, er war –wie alle seine Vorgänger- nicht nur verantwortlich für die von ihm geleiteten Konzerte, sondern auch für die Programme derjenigen, die wir als Gastdirigenten am Pult der Symphoniker sahen. Er befand in Absprache über Inhalte und Solisten. Als sich das änderte, war das sicher auch ein Grund dafür, den auslaufenden Vertrag nicht weiter zu verlängern.
Bernhard Klee war –trotz seines hohen Engagements- ein Reisender. Er hatte nicht (wie später dann sein Nachfolger David Shallon) eine Wohnung in Düsseldorf, sondern bevorzugte den Hotelaufenthalt. Nach dem damals sonntäglichen 3. Konzert war sein direkter Weg zum Flughafen und dann in seine Wahlheimat Schweiz. Man darf dabei auch nicht vergessen, dass zu diesen Zeiten ein Handy weitgehend unbekannt war und der PC bzw. das Internet in ihren Kinderschuhen steckten. Umso wichtiger waren die intensiven Gespräche während seiner Präsenz, so auch zwischen ihm und den Entscheidungsträgern des Chores. Dieser konzeptionelle und perspektivische Gedankenaustausch war ein weiteres Merkmal der so konstruktiven Zusammenarbeit zwischen Bernhard Klee und dem Chor. Nur so konnte auf beiden Seiten langfristig gedacht und geplant werden, nur so waren auch die vielen Verpflichtungen des Chores außerhalb von Düsseldorf realisierbar, und zwar sowohl was die Inhalte als auch die Termine betraf.
Rückblickend war die Zeit mit Bernhard Klee beneidenswert. Für den Chor, für die Stadt und –so glauben wir- auch für Ihn. Viele große Projekte konnten damals verwirklicht werden, so die mehrfachen Einladungen an den Philharmonia Chorus London, die diversen Schallplatten-Produktionen, TV-Portraits, gemeinsame Konzertreisen und Gastspiele.
Bernhard Klee hat sich in den letzten Jahren zunehmend auf seinen Schweizer Wohnsitz zurückgezogen.
Am 10. Oktober 2025 verstarb Bernhard Klee im Alter von 89 Jahren in Kreuzlingen/Schweiz.
Sein Wirken bleibt, nicht zuletzt dokumentiert durch zahlreiche Schallplatten-Einspielungen.
Ein Höhepunkt dürfte wohl die EMI-Produktion von Schumanns „Szenen aus Goethes Faust“ gewesen sein, wobei sich in der Tonhalle so viele internationale Top-Stars einfanden, wie dies niemals zuvor und danach geschah.
Wir haben ihn vermisst!
Das Andenken an Ihn bleibt!
In hohen Ehren!
Manfred Hill
-Ehrenvorsitzender-
am 13. Oktober 2025 - 22.00 Uhr
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Dort finden Sie eine Vielzahl von beschrifteten Bildern, die die so besondere Beziehung des Chores zu seinem Chef dokumentieren.

EMI 7 69450 2 2 CD © 1981
Schumann: Szenen aus Goethes Faust
Fischer-Dieskau . Mathis . Berry . Gedda . Daniels . Lövaas . Schwarz . Sharp . Gramatzki . Stamm
Der Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf . Tölzer Knabenchor
Düsseldorfer Symphoniker
Bernhard Klee

EMI 7 69453 2 2 CD © 1984; 1985
Schumann: Sämtliche Chorballaden
Moser . Lindner . Michael . Soffel . Gramatzki . Protschka
Grönroos . Schmidt . Berry . Meven
Der Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf
Düsseldorfer Symphoniker
Bernhard Klee . Heinz Wallberg

EMI 7 49164 2 1 CD © 1983
Schumann: Requiem
Schumann: Requiem für Mignon
Fischer-Dieskau . Donath - Gedda . Soffel . Lindner . Andonian . Georg
Der Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf
Düsseldorfer Symphoniker
Bernhard Klee