Schallarchiv
Schumann: Manfred

Es ist der Ruf der „Unaufführbarkeit“, der dem „Manfred“ von Lord Byron und Robert Schumann vorauseilt, und –abgesehen von der Ouvertüre- so selten eine künstlerische Realisation wie Begegnung möglich macht. Düsseldorf, als Schumann-Stadt bekannt, stellte eine völlig neue Sichtweise ins Zentrum des Schumann-Jahrs 2010: die visuelle Umsetzung durch den Video-Künstler Johannes Deutsch. Dieses Unterfangen fand insoweit zusätzliche internationale Beachtung, als sowohl das ZDF als auch das Klassik-DVD-Label „ARTHAUS“ das höchst aufwendige Multimedia-Projekt in alle Welt verbreiteten.

Aber auch die Beschränkung auf das reine Hörerlebnis scheint es uns wert, diese Produktion in das Schallarchiv des Musikvereins aufzunehmen. Der Manfred von 2010 ist im Gegensatz zum gleichen Werk unter der Leitung von John Fiore und mit Klaus Maria Brandauer (siehe Vol. 74) aus dem Jahre 2006 nicht nur theaternäher, sondern auch um einiges vollständiger und dem Text von Lord Byron in der Fassung von Karl Adolf Suckow engstens verpflichtet. Chor wie auch Orchester hatten sich in der Tonhalle den Vorgaben der visuellen Darstellung deutlich unterzuordnen, wobei der Chor sich auf dem Rang links und rechts einer großen Projektionsfläche aufteilte: jeweils mit allen Stimmgruppen. Probentechnisch wie klang-organisatorisch bedeutete das eine von der üblichen Aufstellung in erheblicher Weise abweichende Herausforderung. Die Hintergrundgeräusche, die man beim genauen Hinhören immer dann wahrnimmt, wenn Orchester und Chor den vollen Klangraum beanspruchen, erklären sich aus den Lüftern der Beamer, die im ganzen Saal verteilt die Bildkunst von Johannes Deutsch projizierten: das Innenleben Manfreds, seine Umgebung und Visionen. Sänger wie Sprecher blieben nahezu unsichtbar.
Die Resonanz auf dieses Experiment war einhellig positiv; Nicht wenige Stimmen sagten später: “Man kann das Stück eigentlich nur so machen!“
Eine größere Anerkennung ist wohl kaum denkbar…


Andrey Boreyko und Marieddy Rossetto