Unser Mitglied, Dr. Karl-Hans Möller, besuchte am Heiligen Abend die Christvesper in der Auferstehungskirche zu Oberkassel und erlebte eine Überraschung, die er in folgendem Bericht festgehalten hat:

"Obwohl der für den linksrheinischen Anteil der hervorragenden evangelischen Kirchenchortradition Düsseldorfs verantwortliche ehemalige Kantor der Auferstehungskirche, Thorsten Göbel das Rheinland in Richtung des mittelelbischen Meißen verlassen hat – ihm wurde die Stelle des Domkantors des auf der Albrechtsburg der Porzellanstadt stehenden St. Johannes und St. Donatus Doms anvertraut – war die Christvesper ein musikalisch sehr feierlicher und die Gemeinde anspruchsvoll einbeziehender weihnachtlicher Festgottesdienst. Zu Beginn des Heiligen Abends wollten sehr viele Menschen die altbekannte, aber immer wieder neu berührende Weihnachtsgeschichte aus dem Evangelium des Lukas hören. Die Idee des Pfarrers, jeweils nach der Beschreibung des Weges vom galiläischen Nazareth ins judäische Bethlehem, nach der Verkündigung der Geburt des Heilands in der Krippe und nach der Entscheidung der Hirten, den Auftrag, die Frohe Botschaft zu verbreiten, jubelnd und begeistert anzunehmen, ein passendes Lied anzustimmen, wurde von der Gemeinde mit hirtenähnlicher Freude an- und wahrgenommen. Ich fühlte mich wirklich als Teil eines Chores.

Für die musikalische Begleitung der während der Christvesper erbetenen Diakonie-Kollekte war das Lied "Fröhlich soll mein Herze springen" vorgesehen. "Es begab sich aber", dass in der Kirche so viele Menschen saßen, dass zum Ende des Liedes die Klingelbeutel erst die Hälfte der Sitzreihen durchlaufen hatten. Also schlug Pastor Rischer vor, eine "a capella-Zugabe zu versuchen. Die mit improvisierten Liedouvertüren brillierende hervorragende koreanische Organistin hatte ja für dieses Extra keine Noten und so stimmte der Pfarrer das traditionelle Lied zum Heiligen Abend an: "Alle Jahre wieder". Und wieder erklang ein großer Chor, dem es auch an Textsicherheit mehrerer Strophen nicht mangelte.

Begeistert entschloss sich der Pastor zu einem Extempore und erzählte, dass es vor einem Jahrzehnt Sorge gehabt hätte, weil vor allem durch junge Christen immer weniger, immer verschämt leiser, immer unsicherer gesungen worden sei. Jetzt spricht er von einem Wunder, das so scheine, aber keines sei. Er verwies auf die wunderbare Wirkung der SingPause, eines Projekts des Städtischen Musikvereins, dass die Singfreude selbst den Älteren zurückgebracht habe. Er erklärte der Gemeinde, das zweimal wöchentlich die Grundschulklassen eine sinnvolle musische Unterbrechung der jeweils laufenden Unterrichtsstunde erleben, um – angeleitet durch erfahrene Sängerinnen und Sänger zu musizieren und ein großes Repertoire zu erlernen, das in den Abschlusskonzerten, aber auch zu Hause gesungen werden kann. Auf das Angebot, in Lörick auch eine SingPause für Eltern durchzuführen, verwies er mit dem Hinweis, die guten Resultate in den Gottesdiensten zu bemerken, selbst wenn keine Kirchenlieder zum Repertoire der vielfach ausgezeichneten SingPause gehören. Hier waren offenbar die Kinder Vorbild und Impulsgeber für die "Alten". Ich übersetze das einfach so: "Jetzt zwitschern schon die Jungen, was Alte einst gesungen".

Der Dank an die SingPause wurde von vielen der um mich herum Sitzenden heftig nickend und wissend lächelnd aufgenommen. Das "OH DU FRÖHLICHE" vor dem glockenbegleiten Ausgang war dann wirklich ein gewaltiger, frisch ermutigter Chor. (K.-H. Möller 24.12.2019)"

Es erfüllt mich mit großer Freude, dass unsere "SingPause" immer mehr in den Alltag der Düsseldorfer eindringt und von dort auch gewürdigt wird. Ich denke, dass der Städtische Musikverein zu Düsseldorf ein großes Ausrufezeichen für die Stadtgesellschaft gesetzt hat und mit der "SingPause" auch überregional ein Zeichen für die frühe musikalische Bildung von Grundschulkindern geben konnte. 15 Städte in Deutschland haben das Düsseldorfer Vorbild übernommen.

Manfred Hill

-Vorsitzender-

am 25.12.2019 - 12.00 Uhr

 

Fragt man nach den großen lyrischen Tenören des 20sten Jahrhunderts, so fallen sofort die Namen Fritz Wunderlich, Nicolai Gedda und Peter Schreier. Der Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf darf sich glücklich schätzen, mit beiden letztgenannten mehrfach gemeinsam musiziert zu haben. Im Schallarchiv des Chores finden sich Aufzeichnungen, die die gemeinsamen Auftritte mit Nicolai Gedda und Peter Schreier dokumentieren. Peter Schreier stellt dabei insofern eine Besonderheit dar, als er nicht nur als herausragender Sänger und Interpret der Werke der Vorklassik, Klassik, Romantik bis hin zur Moderne in aller Welt geschätzt wurde, vielmehr erstreckte sich seine künstlerische Wirkungsweise zusätzlich aufs Dirigieren und den Bereich musikkultureller Organisation. Peter Schreier war maßgeblich am Wiederaufbau des Berliner Schauspielhauses (heute Konzerthaus) am Gendarmenmarkt beteiligt. Er gehörte gemeinsam mit Theo Adam zu jenen Persönlichkeiten, die seinerzeit in der DDR die Rekonstruktion der Semperoper in Dresden vorangetrieben haben. Ferner war er häufiger Gast an der Staatsoper in Berlin sowie an nahezu allen bedeutenden Bühnen Europas und der Welt. Seine Präsenz auf dem Medium Schallplatte ist von kaum einem anderen Sänger übertroffen worden.

Blicken wir in die Konzertchronik des Städtischen Musikvereins, so finden wir den Namen Peter Schreier erstmals am 20. und 28. Juli 1982 bei zwei konzertanten Aufführungen von Robert Schumanns „Genoveva“ im Rahmen der Münchner Opernfestspiele. Ein zweites, unvergessliches Erlebnis waren 1984 die legendären Konzerte von Mendelssohns „Elias“ am gleichen Ort. Beide Gastspiele des Chores übrigens unter der Leitung von Wolfgang Sawallisch und zusammen mit Solisten wie Dietrich Fischer-Dieskau, Kurt Moll, Brigitte Fassbaender etc.

Mendelssohn Bartholdy: Elias
Fischer-Dieskau . Price . Seibel . Fassbaender . Wulkopf . Schreier . Hopfner . Moll . Wild
Solisten des Tölzer Knabenchores
Der Chor des Städtischen Musikverein zu Düsseldorf
Einstudierung: Hartmut Schmidt
Das Bayerische Staatsorchester
Wolfgang Sawallisch
Aufnahme: 4.7.1984 Nationaltheater München/Bayerische Staatsoper/ORFEO GmbH; Digital; analoge Kopie auf Sony Super BETA-hifi; Remastering: 1997 Jörg Ritter, Berlin; Layout + Texte: Rainer Großimlinghaus, Berlin 11./2001
© 1984/2001 by Städtischer Musikverein zu Düsseldorf e.V.

In Düsseldorf durfte der Chor des Städtischen Musikvereins Peter Schreier ein Jahr zuvor (1983) zu drei grandiosen Aufführungen der „Matthäus-Passion“ unter Bernhard Klee begrüßen. Jeder, der das miterleben konnte, ob als Zuhörer oder als Sänger im Musikverein, wird diese Interpretation nicht vergessen. Auch hier können wir mit Stolz auf einen Mitschnitt in unserem Schallarchiv verweisen.

Als Dirigent war Peter Schreier darüber hinaus im November 1985 für drei Aufführungen des Oratoriums „Samson“ von Georg Friedrich Händel vorgesehen. Leider konnte er damals diese Einladung aus gesundheitlichen Gründen nicht annehmen, Laszlo Heltay sprang seinerzeit relativ kurzfristig ein.

Nun ist Kammersänger Peter Schreier am 25. Dezember 2019 im Alter von 84 Jahren in Dresden verstorben.

Wir werden ihm ein ehrendes, dankbares Andenken bewahren.

Manfred Hill

-Vorsitzender-

am 26. Dezember 2019

 

Bild: Peter Schreier in den 80er Jahren