Lebenslauf
Felix Mendelssohn Bartholdy

An diesem Tage schrieb FMB an seinen Vater Abraham Mendelssohn einen Brief mit allerhand Details aus seinem Düsseldorfer Leben mit dem Musikverein, den wir hier in Auszügen wiedergeben:

"Düsseldorf, den 9 Oct. 1833
...indeß wird es besser werden, und sie zeigen alle soviel Liebe und Lust zur Sache, daß es eine Freude ist. Ganz prächtig gefiel mir die erste Zusammenkunft des großen Musikvereins am Montag. Sie versammelten sich auf dem Rathhause im Sitzungssaal, der Oberbürgermeister präsidirte, die Stimmzettel werden von den Rathsdienern vertheilt, und die Concert-Angelegenheit wurde so ernsthaft und wichtig besprochen, daß man sah, es war eine Sache der Stadt geworden. Der Ausschuß wurde gewählt (natürlich sind der Oberbürgermeister und Woringen darin) hat sich auch schon einmal seitdem versammelt, wird zum 2ten male Sonnabend draußen in Beckers Saale bei einem Schöppchen zusammenkommen, und am 22ten November (Caecilientag) wird wahrscheinlich das erste Concert sein...

...Eben kommt wieder ein Brief den ich copire, heut hab ichs bequem, (ich wollte nur ich könnte die Handschrift auch copiren, die sieht aus wie Steindruck, so fest und egal und officiell rathhausmäßig:

..."Es gereicht mir zu wahrem Vergnügen Ew. Wohlgeboren benachrichtigen zu können, daß die hohe Regierung auf den Antrag meines Herrn Amtsvorgängers und des Stadtrathes Wohlderselben (sic!) Anstellung als Städtischen Music Directors genehmigt und zur Ergänzung des Ihnen contractmäßig zugesicherten Gehaltes, aus der Stadtkasse einen jährlichen Zuschuß von Zweihundert Thaler und zwar vorläufig auf drei Jahre festgesetzt hat. Ich wünsche gleich allen hiesigen Freunden der Tonkunst, daß es Ihnen Herr Director, in unserer Stadt recht wohlergehen und so gefallen möge, daß Sie weit über die verabredeten 3 Jahre hinaus in unserer Mitte zu verweilen, und unseren Bürgern noch manchen schönen Genuß zu schaffen Sich bewoggen finden möchten. Erlauben Ew. Wohlgeboren, daß ich Ihnen bei dieser Gelegenheit die Fortdauer meiner ausgezeichneten Hochachtung versichre. Der Oberbürgermeister v. Fuchsius"

nun bin ich also bestallt. Nächste Woche halten wir Umzug durch die Schulen und das Gymnasium und wohnen überall einer Singstunde bei, denn wir wollen Menschen menschlich sehn..."

...Der Gesangverein gestern Abend tröstete mich etwas. Wir probirten erst die Messe für Sonntag (ich muß eine von Haydn nehmen, weil alle anderen die da sind, noch lustiger sind). Sonnabend 1/2 3 ist Probe in der Franziskanerkirche die ziemlich glatt ging, und dann, weil die Musik gar nicht sehr gefiel, nahm ich ein Paar Chöre aus Israel wieder vor; die gingen wieder mit einer Kraft und Begeisterung, und sie wütheten alle dermaßen hinein, daß es herzerhebend war. Auch waren gewiß an 70 Sänger da, und es melden sich neue Mitglieder, die Sache geht gut...

...Auch von der Bibliothek des Musikvereins habe ich einen neuen Catalog gemacht, weil der alte zwar wunderschön neu geschrieben, aber keine Nummer drin richtig war. Es ist fast lauter scheusliches Zeug da, und nun so ein 40 Sopranstimmen von einer Hymne von Leidesdorf, oder von einem heiligen Lied von J.P. Schmidt, oder einer Cantate von Kunzen durchzuzählen, ist kein Spas, und sie sind so staubig und werden nie mehr gebraucht. Indeß ich dachte an Zelters Seb. Bachs, und habe den Katalog ganz fertig, und es werden ordentliche Statuten gemacht, und von jeder Directionssitzung ein kleines Protocoll aufgenommen, damit sie sich nicht mehr schimpfen und zanken, zwei Versöhnungen habe ich richtig schon durchgesetzt..."