Lebenslauf
Felix Mendelssohn Bartholdy

Musikfest = Düsseldorf - 18. Niederrheinisches Musikfest am 22. und 23. 5. 1836

Im Brief Nr. 16 von diesem Tage befaßte sich Mendelssohn nochmals mit den Noten zur "Leonoren-Ouvertüre" (siehe auch die Einträge vom 13.4.1836 und vom 18.6.1836):

„An das hochlöbl. Comité für das diesjährige
Niederrheinische Musikfest
zu Händen des Herrn von Woringen – in Düsseldorf

Leipzig, den 26. April 1836

Lieber Ferdinand!
Tobias Haslinger, der soeben aus Wien angekommen ist, hat mir versprochen, morgen an seine Handlung zu schreiben und von dort die dritte Ouvertüre zu Leonore an das Musikfest Comité so schnell als möglich senden zu lassen. Sie wird in 12 Viol. von jeder Seite, 6 Bratschen und 9 Baßstimmen, Blaseinstrumente doppelt, erfolgen, und für die Correctheit der Stimmen steht Haslinger. Aber das einzige Unangenehme ist dabei, dass, wie er mir sagt, die Stimmen erst am 6ten Mai von Wien an Euch abgehen können, da die Fahrpost erst dann geht, die es mitnehmen muß. Nun ist die Frage, ob die Stimmen dann zeitig genug einträfen, denn sie würden erst ungefähr am 18ten zu erwarten sein. Ich bitte das Comité deshalb sich zu entscheiden, ob die Ouvertüre trotz dieses (ganz bedenklich) Risicos, öffentlich angezeigt werden soll, wo man dann risquirte, sie nicht geben zu können, oder ob es vielleicht rathsamer sei, eine andere Ouv. anzuzeigen, und wenn diese eintrifft, es noch in letzter Woche öffentlich bekannt zu machen, dass sie gegeben werden soll.
Ich habe aber auf jeden Fall nicht angestanden, die Stimmen kommen zu lassen, weil das hiesige Abonnement-Concert, im Falle die Stimmen für das Musikfest zu spät kämen, sich erboten hat, die Hälfte der eben erwähnten Anzahl Stimmen zu eigenem Gebrauche zu nehmen, so daß dann auf die Rechnung des Comités nur 6 Viol. etc. und einfache Blaseinstrum. kämen, die der Düsseldorfer Musikverein doch gewiß gern besitzen wird. Ich hoffe dies zur Zufriedenheit des Comités eingerichtet zu haben.
Herrn Schindlers Ungefälligkeit wird noch auffallender dadurch, da Herr Haslinger gar keine Schwierigkeiten machte, die Stimmen zur Aufführung zu erlauben, und da die Ouvertüre sein alleiniges Eigentum, auch schon gestochen, aber nur noch nicht versandt ist.
Vielleicht könnte es nützen, mit Beyer & Co., Rücksprache zu nehmen, um von ihnen, die wohl zuweilen Wiener Sendungen haben, zu erfahren, wann das Pacet zu erwarten sei, falls es am 6ten dort abgeht.
Der Text meines Oratoriums und einige Arien als Nachtrag zum zweiten Theil gehen übermorgen hier ab. Ich selbst gedenke Sonntag früh zu reisen und Sonntag über 8 Tage, den 8ten Mai früh Morgens mit dem Dampfboote von Cöln einzutreffen.
Die Post geht, ich muß schließen.
Dein Felix M.B.

P.S.: Herr Nauenburg aus Halle schreibt mir so eben, dass er zu seinem Bedauern abgehalten sei, zum Musikfest zu kommen, obwohl er sich es schon fest vorgenommen hatte. Er muß sich aber verheiraten, und kann deshalb nicht kommen. Natürlich habe ich Haslinger beauftragt, dem Comité einen Avis der Absendung per Briefpost zu schicken."

Bild und Kurzbiographie: Haslinger, Tobias, * 1. 3. 1787 Zell bei Zellhof (Gemeinde Bad Zell, Oberösterreich), † 18. 6. 1842 Wien, Musikverleger. Begann in Linz im Verlag von F. Glöggl, übernahm 1826 den renommierten Wiener Verlag S. A. Steiner, 1832 den von T. Mollo und wurde damit einer der wichtigsten Musikverleger der Biedermeierzeit. Haslinger gab unter anderem Werke von L. van Beethoven, L. Spohr, J. N. Hummel, F. Schubert, J. Lanner und J. Strauß Vater heraus. Er ersetzte die Lithographie allmählich durch Stiche von Zinnplatten. Sein Sohn Carl Haslinger (1816-1868) übernahm den Verlag.