Lebenslauf
Stadtgeschichte/Vereinsleben

Musikfest = Düsseldorf - 18. Niederrheinisches Musikfest am 22. und 23. 5. 1836

Mendelssohn wollte im 1836er Musikfest Beethovens Leonorenouvertüre Nr. I aufführen und bat v. Woringen, bei Aachens Musikdirektor Schindler nach der Partitur zu fragen. In einigen Briefen Mendelssohn deutete er vorsichtig an, dass der Aachener Musikdirektor gegen ihn, anscheinend aus neidischen Interessen, arbeite. Deshalb auch die Aufforderung an von Woringen, die Frage nach der Partitur zu stellen. Von Woringen tat dies am 10.4. und erhielt von Schindler am 13.4.1836 folgende ablehnende Antwort:

"Eure Wohlgeboren!
In höflicher Erwiderung Ihres geehrten Schreibens vom 10.d. muß ich mein Bedauern aussprechen, daß ich Ihnen mit der Ouvertüre zu Fidelio von Beethoven für das Musikfest nicht dienen kann. Es ist diese Ouvertüre unter den vielen Raritäten, die ich von meinem Freunde und Lehrer als Andenken bewahre, das Wichtigste, und ein historisch merkwürdiges Werk, wie wenige aus demselben Gehirn entsprungen. Dieses und manches Andere, was sich zwischen Beethoven und mir daran knüpft, ist die Ursache, daß ich dieses Andenken wie ein Heiligthum bewahre, und es um gar keinen Preis aus den Händen geben würde, so wenig wie Beethovens Bildnis an die Stadt Bonn, so sehr man von dort aus darum solicitirt hat. Ew. Wohlgeboren schreiben, daß Mendelssohn diese Ouvertüre wünscht! er hat jedoch gut wünschen! und wenn er mir seinen ganzen Paulus schenkte, der recht schön und interessant seyn kann, so könnte ich ihm mit diesem genialen Werke immer noch seinen Wunsch nicht erfüllen. Uebringens ist diese Ouvertüre die 1te zu Fidelio und nicht die 3te. Die am letzten Musikfest in Düsseldorf aufgeführte Ouvert. (zu Leonore) ist die nach der ersten zerzauste, die mit jener das Haupt-Motiv gemein hat, sonst aber durchaus verschieden von der gedruckten ist, mit einem Wort: ein Charakterbild sonder Gleichen.
Schließlich wünsche ich recht sehr, daß das Düsseldorfer Comité die Güte hätte, falls es die hiesigen Kräfte zur Mitwirkung am Pfingstfest in Anspruch nehmen wollte, und die nötigen Parthien aus dem Oratorium und dem Händelschen Psalm nebst einem sogenanten Chor-Direktionspart bald herüber zu schicken, damit ich mir die Zeit zum Einüben gut einteilen könne, da ich im Laufe nächster Woche hier noch Manches aufzuführen vorhabe. Die Gesangstimmen von dem Chor aus der 9ten Sinfonie sind hier vorräthig, und damit könnten wir Ihnen wohl aushelfen, wenn es das Comité wünscht.
Empfangen Ew. Wohlgeboren die Versicherung meiner größten Hochachtung, mit der ich auch zu grüßen die Ehre habe.
Eurer Wohlgeboren
ergebenster A. Schindler."

Bild und Kurzbiographie: Anton Felix Schindler (* 13. Juni 1795 in Meedl; † 16. Januar 1864 in Bockenheim) war ein österreichischer Musiker und Musikschriftsteller. Schindler besuchte des Gymnasium in Olmütz (Olomouc) und studierte ab Herbst 1813 Jura und Philosophie an der Universität Wien. 1817 übernahm er eine Anstellung in der Kanzlei des Rechtsanwalts Dr. Johann Baptist Bach (1779–1847), der 1819 Beethovens Rechtsbeistand wurde. Ab 1822 war Schindler erster Violinist und Orchesterdirektor am Josephstädter Theater, von 1825 bis 1827 in gleicher Funktion am Kärntnertor-Theater. Von Herbst 1827 bis Frühjahr 1829 lebte er mit seiner Schwester in Pest (Budapest), war dann ab 1832 als Musikdirektor in Münster und von 1835 bis 1840 sowohl als Musikdirektor des Aachener Sinfonieorchesters als auch als Stiftskapellmeister am Aachener Dom tätig. 1841/42 hielt er sich in Paris auf, 1843 in Berlin, und lebte ab 1848 in Frankfurt am Main und in Bockenheim. Schindlers Nachruhm gründet sich vor allem auf seine Bekanntschaft mit Ludwig van Beethoven. Er lernte ihn im Herbst 1822 kennen und übernahm für ihn Sekretärsdienste. Er wurde zugleich der erste Biograph des Komponisten. Seine Beethoven-Biografie wurde 1840 veröffentlicht und 1860 erweitert. Sie gilt als sehr unzuverlässig, da Schindler sich gern selbst in den Mittelpunkt stellt. Seine Behauptung, er sei Beethovens Freund gewesen, lässt sich zudem kaum mit den Tatsachen in Übereinstimmung bringen. Um dies zu untermauern schreckte er nicht davor zurück, nachträgliche Eintragungen in Beethovens Konversationshefte vorzunehmen und andere Dokumente zu fälschen.