Lebenslauf
Tonhalle Düsseldorf

Musikfest = Düsseldorf - 75 Jahre Städtisches Orchester Düsseldorf

Hugo Balzer dirigierte eine Aufführung der „Messa da Requiem" von Giuseppe Verdi zum Orchesterjubiläum.
Tonhalle Düsseldorf - Kaisersaal

Aus dem Programmheft „Konzerte der Stadt Düsseldorf“ vom 22.10.1939:

"Die Geschichte der Musikstadt Düsseldorf hat, soweit sie bisher erschlossen ist, ihren ersten Höhepunkt in der Begründung der "Niederrheinischen Musikfeste" gefunden, die 1818 erfolgte. Möglich waren die "Niederrheinischen Musikfeste", die den westdeutschen Raum und auch das benachbarte Ausland kulturell nachhaltig befruchtet haben, nur dadurch, dass Düsseldorf von jeher im Besitz einer stark ausgebildeten privaten Orchesterpflege war. Schon lange vor der Begründung der Musikfeste bestand in Düsseldorf eine „Musikalische Akademie" (vgl. das in der Düsseldorfer Landes- und Stadtbibliothek befindliche Statut dieser Akademie vom Jahre 1807), die gesellschaftliches Leben mit der regelmäßigen Pflege des Orchesterspiels verband. Haben vor 1818 und auch bei den „Niederrheinischen Musikfesten" selbst in großer Zahl Musikliebhaber das Orchesterspiel in Düsseldorf aktiv mitgetragen, so erwuchsen durch die bedeutende wirtschaftliche Entwicklung der Stadt musikalische Aufgaben, denen nur ein Berufsorchester auf die Dauer gerecht werden konnte. Nachdem 1818 die Stelle eines städtischen Musikdirektors in Düsseldorf geschaffen wurde (das Amt wurde zuerst von Friedrich August Burgmüller, später u. a. von Robert Schumann bekleidet), entschloss sich im Jahre 1864 die Düsseldorfer Verwaltung, das damals bestehende freie Orchester, das man sich wohl nur als ziemlich lockeren Zusammenschluss musikalischer Berufskräfte vorstellen kann, in städtische Regie zu übernehmen, es dadurch zu festigen und zur Erreichung höherer Ziele fähig zu machen.

Das Quellenmaterial über die Übernahme des Orchesters in städtische Verwaltung ist recht spärlich, es lässt sich heute nicht einmal der Tag der Begründung mit Sicherheit angeben. Von großem Interesse ist eine Notiz, die am 27. September 1864 in der „Düsseldorfer Zeitung" erschienen ist, aus der die Wurzeln des Orchesters und seine Tätigkeitsgebiete klar ersichtlich sind:

„Düsseldorf, 26. September 1864.
Gestern hat sich in Folge der Vereinbarungen zwischen der Stadt und den beteiligten Vereinen der Vorstand für das neue städtische Orchester konstituiert. Er besteht außer den beiden Sachverständigen, den Herren Tausch und Kochner und den Herren v. Sybel (Vorsitzender) und Deus für die Tonhalle, v. Fuchsius für das Theater-Komité, Bloem und Lyon für den allgemeinen Musikverein, Hertz und Hürxtal für den Instrumentalverein und Farina für den St. Sebastianusverein. Wie wir hören, ist aIle Aussicht, dass zum 1. Oktober das neue Orchester in volle Aktivität tritt."

Im Jahre 1864 ist die Spielzeit des Stadttheaters am 2. Oktober eröffnet worden, in einem Zeitungsbericht über die Eröffnungsvorstellung wird erwähnt, dass der neue Kapellmeister Büchner eingangs die Ouvertüre zu „Euryanthe" von Carl Maria von Weber dirigiert hat. Dieses Werk ist möglicherweise das erste, das von unserem Orchester nach der Übernahme durch die Stadt gespielt wurde. Das erste Konzertwerk, bei dessen Aufführung das Düsseldorfer Orchester in seiner Eigenschaft als städtisches Orchester mitwirkte, war das Oratorium "Die Schöpfung" von Haydn. 1864 zählte das städtische Orchester 28 Mitglieder, es ist inzwischen auf 87 Spieler angewachsen; aus der Zahl der Dirigenten, die in ihrer Eigenschaft als städtische Musikdirektoren das Düsseldorfer Orchester betreuten, seien die Namen Julius Tausch und Prof. Julius Buths, sowie Prof. Karl Panzner und Hans Weisbach genannt, das künstlerische Wirken der zuletzt genannten Dirigenten ist noch vielen Düsseldorfer Musikfreunden in Erinnerung.
Das Düsseldorfer Orchester untersteht heute der Leitung von Prof. Hugo Balzer, der seit 1933 Generalmusikdirektor der Stadt Düsseldorf ist. In seiner an künstlerischen Erfolgen reichen Geschichte hat sich das Düsseldorfer städtische Orchester mit seinem jetzigen Leiter Prof. Balzer besondere Anerkennung durch die Ernennung der Stadt Düsseldorf zur Stadt der Reichsmusiktage erworben. Die Düsseldorfer Musikfreunde werden anlässlich des 75jährigen Jubiläums unseres Orchesters dankbar der vorzüglichen künstlerischen Arbeit gedenken, die von den Mitgliedern des Orchesters in Konzert und Oper geleistet wird.
Werner Karthaus, 22.10.1939"

Der Autor dieser "Orchestergeschichte" hatte offensichtlich nicht den vollständigen Zugriff zu den geschichtlichen Quellen. So verweisen wir auf die Einträge in dieser Chronik vom 20. 9. 1864 bis zum 27.10.1864, in denen die gesamte Gründungsgeschichte unseres Orchesters, also der Düsseldorfer Symphoniker, mit originalen Dokumenten und exakten Daten niedergeschrieben ist. Gründungsmitglieder waren außerdem nicht 28 Musiker sondern 32. Eine Verwechslung ist auch der Hinweis auf das Haydn-Oratorium "Die Schöpfung" als erstes Konzert in städtischer Trägerschaft; vielmehr handelte es sich eindeutig um "Die Jahreszeiten", so, wie es 1818 ja auch war. Zum Hinweis auf die Musikakademie schaue der Leser doch in den Eintrag vom 31.12.1807. Bezeichnend für die damalige Zeit (1939!) ist es auch, dass im vorstehenden Artikel Felix Mendelssohn Bartholdy als Musikdirektor natürlich und mal wieder verschwiegen wurde.

Ein gewisses historisches Bewusstsein erfreut uns aus heutiger Sicht insoweit besonders, als sowohl das Festkonzert zum 75jährigen Jubiläum des Orchesters (!), als auch der Verweis auf die Gründung der "Väter" (den Städtischen Musikverein) jeweils mit einem großen Chorwerk in Verbindung steht: Verdis "Requiem" und Haydns "Jahreszeiten" (hier fälschlich als "Schöpfung" genannt)!

Bild: Das Städtische Orchester (heute: "Düsseldorfer Symphoniker") im Kaisersaal der alten Tonhalle mit GMD Hugo Balzer