Lebenslauf
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Musikfest = Düsseldorf - 18. Niederrheinisches Musikfest am 22. und 23. 5. 1836

Die Düsseldorfer Zeitung schrieb am 19.5.1836 nach der ersten Hauptprobe unter Mendelssohn wie folgt und widmete sich dabei vor allen Dingen der Erstaufführung der „Leonoren-Ouvertüre Nr. 1“ von Beethoven (Bild):

„(Düsseldorfer Zeitung)
Düsseldorf, den 19.Mai.
So eben ist die erste Hauptprobe zum Musikfeste beendet. Der Psalm von Haendel, Davide Penitente von Mozart, der zweite Theil von Paulus und einzelne Stücke des ersten Theils wurden gemacht, und wer dieser Probe und der gestrigen Instrumentalprobe der IX. Sinfonie und der eben angelangten Ouvertüre von Beethoven beiwohnte, darf sich mit Freude gestehen, dass das Musikfest mit neuem Glanze sich den frühern anreiht. Die Auswahl der Werke ist trefflich; die mitwirkenden Kräfte vereinigen Alles, was zum Gelingen erforderlich und man sieht und fühlt, mit wie großer Liebe und freudiger Lust Alle die besten Kräfte daran setzen. Die Ausführung der Ouvertüre von Beethoven erregt das Interesse der Theilnehmenden vorzüglich um ihrer Neuheit und Trefflichkeit willen. Es ist eine Freude, einen so tiefen Blick in den außerordentlichen Fleiß diese Komponisten zu thun. Diese Ouvertüre zur Oper Fidelio war seine erste, welche bisher ganz unbekannt geblieben ist. Sie wurde 1805 komponiert. Dann erschien die zweite unter dem Namen „zu Leonore“ bekannte Ouvertüre, welche wir hier vor drei Jahren beim Feste hörten. Im Jahre 1814 wurde die zur Oper Fidelio jetzt gehörende Ouvertüre geschrieben. Außer diesen dreien existiert noch eine vierte, welche, so viel wir wissen, bis jetzt nur vierhändig arrangirt, für Clavier erschienen ist. Beethoven schien sich nicht genug thun zu können. Man darf die Eigenthümlichkeit jeder dieser Ouvertüren um so mehr als einen schönen Ausfluß seines großen Genius betrachten, da sie außer allgemeinen Motiven nichts miteinander gemein haben, sondern sich nur als die verwandten, aber in Geist und Schönheit höchst verschiedenen trefflichen Kinder desselben Vaters darstellen. Es ist z.B. eine sehr interessante Erscheinung, welche zu besonderer Betrachtung veranlasst, dass derselbe Accord, dieselbe Fermate, die in der Ouvertüre Nro. 2 zu Leonore den Uebergang bilden, zu Andeutung des Triumphes der Tugend über die Bosheit, in dieser Ouvertüre Nro. 1 in ähnlicher Weise, im ganz entgegengesetzten Sinne, die Einleitung zur Darstellung des tragischen Looses Florestans abgeben, indem die Anklänge aus der Arie des Florestan hier mit einer vorzüglichen Schönheit hervorgehoben werden.
Die theilnehmenden Musikfreunde werden dieser erfreulichen und neuen Erscheinung eine feste Aufmerksamkeit widmen, und sich dem Interesse, welches die auszuführenden neun Werke erregen, gerne hingeben. Herr Felix Mendelssohn Bartholdy sind wir ganz besonders verpflichtet, dass seine Sorgfalt uns um einen so großen Genuß bereichert. Durch ihn werden die beiden Festtage wahre Feste der Kunst. Mögen sie ihm so viele Freude und Ruhm bereiten, als wir ihm Freude verdanken!“