Am gestrigen Abend erlebten die Besucherinnen und Besucher der Tonhalle Düsseldorf einen eindrucksvollen Abend und dankten mit großem Beifall. Adam Fischer musizierte mit den Düsseldorfer Symphonikern, dem Chor des Städtischen Musikvereins und den Solisten Antonia Bourvé, Sopran und Lauri Vasar, Bariton  "Ein deutsches Requiem" von Johannes Brahms.

Anlass für dieses Konzert war die von Adam Fischer initiierte Reihe der Menschensrechtskonzerte in der Tonhalle Düsseldorf, die nun in jedem Jahr in den Monaten März/April stattfinden werden.

Dem Konzert vorausgegangen war die Verleihung des Menschenrechtspreises des Vereins der Freunde und Förderer der Tonhalle Düsseldorf durch Oberbürgermeister Thomas Geisel und Fördervereinsvorsitzendem Patrik Schwarz-Schütte. Erster Preisträger ist die Organisation "Ärzte ohne Grenzen". Patrik Schwarz-Schütte würdigte die Arbeit der Organisation u.a. mit den Worten: "Es wird immer wieder vergessen, dass es in vielen Ländern der Welt nicht selbstverständlich ist, sich kulturell zu entfalten. Und ohne Menschenrechte gibt es keine kulturelle Entfaltung". Aufsichtsratsvorsitzender von "Ärzte ohne Grenzen", Dr. Stefan Krieger, dankte für das Preisgeld von 10.000,00 Euro und stellte fest: "Wir sind stolz darauf, dass wir die Ersten sind, die diesen Preis bekommen. Mit den 10.000,00 Euro können wir 200 Leute lebensrettend operieren oder 2000 Kinder gegen Masern impfen".

Adam Fischer würdigte die Arbeit von "Ärzte ohne Grenzen" und erläuterte seinen persönlichen Bezug zu dieser Organisation. Unmittelbar vor dem Konzert schilderte Adam Fischer in anrührender Weise die erschütternden Ereignisse im Leben der Flüchtlinge, die schrecklichen Bilder von gestrandeten und ertrunkenen Flüchtlingen. Das danach folgende Konzert widmete er vom Dirigentenpult aus dem Andenken jener, die durch Krieg und Terror ihr Leben lassen mussten, hob dabei vor allen Dingen die furchtbaren Schicksale der vielen gestorbenen Kinder heraus und geißelte die Verbrechen der Schlepper mit undichten Schlauchbooten und nicht funktionierenden Schwimmwesten.

"Selig sind, die da Leid tragen.... - denn sie sollen getröstet werden"

Manfred Hill

Vorsitzender-

am 9.3.2016 - 18.00 Uhr

 

Tony Aubin (1907–1981) war ein in Frankreich hoch angesehener Komponist und Lehrer. Sein Werk umfasst mehr als 30 Kompositionen, von der Kammermusik über die Sinfonie bis hin zum Oratorium, zur Oper und zum Ballett. Genau ist es nicht mehr nachzuvollziehen, aber Aussagen von Zeitzeugen aus dem Chor berichten, dass ursprünglich ein anderer Dirigent vorgesehen war. Tony Aubin hat somit recht kurzfristig die Aufführung der Schöpfung übernommen, wobei sich anhand der vorliegenden Aufnahme gut erkennen lässt, dass das Zusammenhalten eines größeren Chor-Orchester-Apparates nicht seine allergrößte Stärke war. Und dies in einem ohnehin akustisch problematischen Kirchenraum von der Größe der St. Eustache! Dennoch haben wir mit dem vorliegenden Tondokument einen weiteren Eindruck vom damals bereits ausgeprägten Tournee-Engagement des Städtischen Musikvereins. Am Folgetag, dem 9. April 1959, stand die Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach unter der Leitung von Ljubomir Romansky auf dem Programm (Vol. 85). Haydns Schöpfung hat viele Jahre im Repertoire des Musikvereins einen Sonderstatus eingenommen, zumal es sich um eines der Gründungskonzerte 1818 handelt. So war es auch dieses Oratorium, das zum Jubiläumskonzert 1958 (Vol. 83) in Düsseldorf ausgewählt wurde.

Die „Hohe Domkirche St. Peter“, besser bekannt als „Kölner Dom“, hat einen gemessenen Nachhall von etwas mehr als 13 Sekunden, was jegliche musikalischen Aufführungen mit großem Orchester eigentlich ausschließt. Marek Janowski war im Jahr 1989 jedoch der Meinung, dass man es versuchen solle. Janowski, der von 1984 – 2000 Chefdirigent des L‘Orchestre Philharmonique de Radio France, und in gleicher Position von 1986 – 1990 beim Gürzenich-Orchester Köln tätig war, setzte sich gegen zahlreiche Bedenken (auch aus den Reihen des Domkapitels) durch, und wagte das Experiment: Am 05. Juli 1989 führte er Orchester und Chor des Französischen Rundfunks mit seinem Kölner Orchester sowie den Sängerinnen und Sängern des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf zusammen. Es handelte sich somit nicht nur um ein französisch-deutsches Gemeinschaftsprojekt, sondern auch um eine musikalische Allianz zwischen den rheinischen Nachbarstädten Köln und Düsseldorf. Kaum ein anderes Werk, wie die große Totenmesse von Berlioz erscheint auch im Nachhinein dazu geeignet, zumal Berlioz einen derart gewaltigen Kirchenraum geradezu in die Partitur hineinkomponiert zu haben scheint. Einen Kompromiss musste Marek Janowski allerdings eingehen: Chor und Orchester fanden auf einer gigantischen Bühne Platz, die im südlichen Seitenschiff errichtet worden war, also im 90°-Winkel zur Hauptachse des Doms, wodurch sich zumindest für die Ausführenden der Nachhall ein wenig reduzierte. Zu der hier vorliegenden Audio-Fassung existiert auch eine im Jahre 2011 von Harmonia Mundi herausgebrachte DVD (HMD 9909037), die jedoch nur einige wenige, sehr wohl aber imposante optische Eindrücke dieses Jahrhundert-Experiments vermittelt. Trotz der beschriebenen akustischen Bedingungen fühlte sich der besonders in diesem Werk wohl geübte Chor des Städtischen Musikvereins in ansonsten hoch professioneller Umgebung ausgesprochen wohl.

Fragt man nach den großen Werken der Chorliteratur, so stehen die „Missa“ von Beethoven wie auch die Requiem-Vertonungen von Verdi, Brahms, Mozart oder Berlioz an erster Stelle. Ganz gewiss aber sind es die drei bedeutenden Chorwerke von Johann Sebastian Bach: die Passionen nach Johannes und Matthäus sowie die h-moll-Messe. Viele Jahre seit Aufbau des Schallarchivs des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf haben wir vergeblich nach Tondokumenten gesucht, die das Standartwerk „Johannes-Passion“ festgehalten haben. Dabei gehörten in den 50er und 60er Jahren des XX. Jahrhunderts die Passionen Bachs zum festen Bestandteil der Konzerte in Düsseldorf. Jean Martinon war es, der die in Frankreich eher selten aufgeführte erste Bach-Passion in Paris vorstellen wollte. Zwei Aufführungen am 30. und 31. März in Düsseldorf gingen dem Paris-Gastspiel in identischer Solisten-Besetzung voraus.

Die vorliegende Aufnahme ist somit ein ganz wichtiges Dokument, schließt sie doch endlich eine ganz empfindliche Lücke. Hinzu kommt, dass mit Peter Schreier (Matthäus-Passion Vol. 10) und Nicolai Gedda (Johannes-Passion) zwei der herausragendsten Interpreten der jeweiligen Evangelisten-Partien festgehalten wurden, die in der Musikwelt überhaupt zur damaligen Zeit zu finden waren. Diese Johannes-Passion unterstreicht das künstlerische Niveau, auf dem sich der Chor des Städtischen Musikvereins national wie international bewegte – als musikalischer Botschafter der Stadt Düsseldorf, des Landes und seiner musikalisch-historischen Tradition.

Erst jetzt, im Jahr 2016, kam nach schier endlosem Forschen und Suchen der hier vorliegende, ausgezeichnete Mitschnitt des französischen Rundfunks zum Vorschein. Beachtlich, dass ein solches, für Frankreich eher unbekanntes Werk bereits 1961 in STEREO aufgezeichnet wurde!

„Das Orchester singt!“, so eine Schlagzeile aus der Düsseldorfer Presse nach dem Neujahrskonzert 2016 unter Alexandre Bloch. Was sonst nur im übertragenen Sinne gemeint ist, war in diesem Fall wörtlich zu nehmen. Doch der Reihe nach.

Alexandre Bloch war mit der Saison 2015/2016 zum „Principal Guest Conductor“ der Düsseldorfer Symphoniker berufen worden. Neben Adam Fischer (und gleich ihm) sollte er für -4- Programme verantwortlich sein, zuzüglich eines Sonderkonzertes, was in dieser Spielzeit das traditionelle Neujahrskonzert der Düsseldorfer Symphoniker war. Tatsächlich stellte sich beim Studium der Jahresvorschau schnell heraus, dass zumindest für die gemeinsame 1. Spielzeit Adam Fischer für lediglich -1-, und Alexandre Bloch für nur -2- Programme verantwortlich zeichneten (+ jeweils -1- Sonderkonzert). Beide Dirigenten ernteten stürmischen Jubel nach ihren Antrittskonzerten: Adam Fischer für die 7. Symphonie von Gustav Mahler und Alexandre Bloch für eine spannende Interpretation u.a. der 4. Mendelssohn. Das Neujahrskonzert komponierte Alexandre Bloch als Ost-West-Versöhnung zwischen Frankreich und Russland, wobei der Chor des Städtischen Musikvereins endlich einmal wieder alle Werke in ihrer Originalsprache präsentieren durfte. Bei vielen Chormitgliedern kam es daher erneut zu der Erkenntnis, dass es immer besser ist einen Text in der Sprache und Metrik zu singen, für die sie jeweils komponiert worden ist. Den Anfang des Konzertes (Cancan) darf man sich so vorstellen, dass der Chor die Reihen zwischen dem 1. und 2. Parkett „stürmte“, jeweils mit einem Glas Sekt in der Hand, um so sich und dem Publikum „Ein gutes Neues Jahr“ singend und jubelnd zuzuprosten. Wie der Anfang so auch das Ende: Alexandre Bloch kam auf die grandiose Idee, den Radetzky-Marsch, den nun wirklich jeder kennt, großteilig vom Orchester, dem Chor und den Zuhörern im Saal singen zu lassen. Ein toller Effekt, der ein so traditionelles „Neujahrs-Stück“ in ungewohntem Gewand zeigte.

Ergänzt wurde das Neujahrskonzert noch durch Werke von Bizet, Ravel, Strawinsky, Rimsky-Korsakow, Khatschaturian und Rachmaninow.

41 Einträge zu Aufführungen des „Verdi-Requiems“ verzeichnet die Chronik des Städtischen Musikvereins nach 1945. Dabei begegnen uns als Konzertorte sowohl die „Lichtburg“ in Herne wie die Festspiele von Aix-en-Provence oder das „Chatelet“ in Paris. Verdis größtes Sakralwerk gehört nicht nur beim Publikum zu den Schlagern der klassischen Musikliteratur, sondern bietet Solisten, Chor, Orchester und Dirigent eine ideale Präsentations-Plattform. So auch im Herbst 2015, als der Chor des Städtischen Musikvereins nach 14 Jahren (John Fiore) die ganze Breite seines Interpretations-Spektrums vom subtilsten Piano-Pianissimo zum schmetternden Höllendonner auf qualitativ höchstem Niveau ausleben durfte. Eine dreimal ausverkaufte Tonhalle ist im Düsseldorf des beginnenden 21. Jahrhunderts keine Selbstverständlichkeit. Die Güte von Werk und Ausführenden wurde von einem begeisterten Publikum wie von der Presse bejubelt und bestätigt. Gerne möchte man sich an das Gewandhaus-Motto aus Leipzig erinnern: „Res severa verum gaudium“. Kurt Masur hat einmal sehr frei übersetzt „Man darf es sich nicht leicht machen, den Menschen eine wahre Freude zu bereiten!“  Dabei zeigte sich wieder einmal das völlig unberechenbare Umbesetzungs-Gespenst hinsichtlich der sorgsam ausgewählten Solisten. Tatsächlich blieb am Ende einzig die Partie der Mezzosopranistin so, wie ursprünglich vorgesehen. Tenor und Bass meldeten sich nach (!) der Generalprobe krank, die Sopranistin musste für die 3. Aufführung am Montag absagen. Trotzdem oder vielleicht sogar deshalb gelangen drei ganz außergewöhnliche Konzerte, die einen tiefen Eindruck hinterließen. Manfred Hill verwies nicht zu unrecht darauf, dass „ein ‚Ankerwerk‘ wie das Verdi-Requiem eben die ideale Ausgangssituation für herausragende Leistungen bietet.“ Wolfram Goertz schrieb unter anderem in der „Rheinischen Post“: „So präsent haben wir den Konzertchor der Landeshauptstadt lange nicht erlebt!“, und er meinte das uneingeschränkt positiv, indem er zusätzlich Attribute wie „phänomenal“ und „exzellent“ wählte. Intendant Michael Becker: „Ausgehend von diesem Abend bewegen wir uns jetzt auf einer 4-spurigen Autobahn hin zum Jubiläumsjahr 2018.“ Gespannt erwartet man die Realisierung eines solchen Hinweises für die kommenden Spielzeiten.

 

Ein bewegender Augenblick war am Sonntag-Vormittag nach dem Konzert vor Chor, Solisten, Publikum und Dirigent die Verabschiedung vom langjährigen Korrepetitor des Chores: Reinhard Kaufmann. Seit 1992 hatte er unter den Chordirektoren Prof. Hartmut Schmidt, Prof. Raimund Wippermann und Marieddy Rossetto mehr als 480 Konzerte vorbereitet und begleitet. Seine außerordentlichen künstlerischen wie menschlichen Qualitäten waren, sind und bleiben ein kostbares Gut in der Geschichte des Musikvereins. Die genannten künstlerischen Leiter des Chores wie auch die zahlreichen Dirigenten im In- und Ausland wussten Reinhard Kaufmann als kongeniale Künstlerpersönlichkeit zu schätzen. Der Chor hat in Reinhard Kaufmanns hilfreicher wie einfühlsamer Begleitung immer einen „sicheren Hafen“ gefunden. Sein freundliches, humorvolles und integres, stets präsentes und aufmerksam-sensibeles Wesen haben ihn im besten Sinne des Wortes zu einem geliebten Bestandteil, zu einem vertrauten Kontinuum für und im Chor werden lassen.

Vorstand, Chordirektorin und alle Mitglieder des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf werden Reinhard Kaufmann sehr vermissen!