Bericht unseres Ehrenvorsitzenden aus Zuhörersicht:
Auch heute noch stehe ich ganz unter dem Eindruck eines großartigen Konzertes am frühen gestrigen Abend in der Tonhalle Düsseldorf.
Das Jugendsinfonieorchester (JSO) der Tonhalle Düsseldorf brachte Gustav Mahlers "Titanen-Werk", die "Auferstehungs-Symphonie", unter der Führung seines neuen Chefs, György Mészáros, zu Gehör. Den Chorpart übernahm der Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf in Kooperation mit dem Kammerchor amici del canto unter der Einstudierung von Dennis Hansel-Dinar.
Es war ein wahrhaft unglaubliches Erlebnis, wie die Musikerinnen und Musiker des JSO diese Aufgabe meisterten und unter Führung ihres neuen Chefs der fast voll besetzten Tonhalle Begeisterungsstürme entlockten.
Mit großer Hochachtung verneige ich mich vor den jungen Musikerinnen und Musikern ob dieser außerordentlichen Leistung. Chapeau!
Am 23.3.2025 gehen Orchester und Chor auf Reisen nach Bielefeld und werden in der Altstädter Nikolai-Kirche Bielefeld dieses Werk nochmals zur Aufführung bringen. Siehe auch: https://musikverein-duesseldorf.de/konzerte/
Für diese gemeinsame Konzertreise von hieraus ein herzliches Toi-Toi-Toi!
Manfred Hill - Ehrenvorsitzender- am 17. März 2025
Beitrag 3:
Kleiner Bericht zur Konzertreise:
Chor und Orchester machten sich am Vormittag des 23.3.2025 auf zu einer kleinen Konzertreise nach Bielefeld. Das beauftragte Bus-Unternehmen schickte den Mannschaftsbus der eigentlich ruhmreichen DEG, die sich jedoch leider in dieser Saison aus der 1. Liga verabschieden musste. Vielleicht war deshalb dieser Bus frei.
Anspiel- und Stellprobe in der Altstädter Nikolaikirche mit einer Überraschung: Der Chor fand im Chorraum der Kirche keinen Platz und musste, dem Orchester gegenüber, auf die Orgelempore. Ein heikles Unterfangen, welches aber mit Bravour gelöst wurde. Der Assistent des Chordirektors, Koon Tung Grant Sung, übernahm die Verantwortung. Beim äußerst heiklen Einsatz zum Schlusschor übertrug er die Zeichen von Dirigent György Mészáros am anderen Ende der Kirche. Alles funktionierte wunderbar und das JSO und der Chor wurden mit jubelndem Beifall bedacht. Das Konzert war ein Benefizkonzert für "Cherkasy Help" zur Förderung von Schul- und Sozialprojekten in der ukrainischen Partnerstadt Bielefelds.
Manfred Hill - Ehrenvorsitzender- am 25. März 2025
Fotos: Ab dem Konzertplakat Bielefeld - (c) MV/Masato Kanzaki
Hier eine Kritik zum Konzert der besonderen Art von Daniel Janz:
"Düsseldorfs Jugendsinfonieorchester zerlegt Mahler
Jugendsinfonieorchester (JSO) der Tonhalle Düsseldorf
Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf
Gustav Mahler – Sinfonie Nr. 2 c-moll für Sopran, Alt, Chor und Orchester – „Auferstehungssinfonie“
György Mészáros, Dirigent
Luiza Fatyol, Sopran
Sarah Ferede, Mezzosopran
Dennis Hansel-Dinar, Einstudierung
Alma Mahler – ausgewählte Orchesterlieder
Tonhalle Düsseldorf, 16. März 2025
von Daniel Janz
Jugendorchester – was Frische, Elan und Motivation verspricht, wird künstlerisch gerne mit Unerfahrenheit und mangelnder Reife assoziiert. Falsche Töne, unsaubere Harmonien, nicht eingestimmte Ensembles, wackelige Ansätze, fehlendes Timing… ja, die Vorurteile mit Blick auf die Jugend überschlagen sich. Wagt sie sich auch noch an die ganz großen Meister, ist das Sakrileg perfekt. Ist das, was an diesem Sonntag in der Tonhalle passiert ist, also womöglich ein Schritt zum Untergang der klassischen Musik? Oder wie kann es sein, dass das Düsseldorfer Jugendsinfonieorchester sich an Mahlers Auferstehungssinfonie wagen und dafür tosenden Applaus ernten kann?
Wir sehen und hören die Talente von Morgen
Bei einem jungen Ensemble, wie dem JSO Düsseldorf unter der Leitung von György Mészáros (41) muss man andere Maßstäbe ansetzen. Manchmal klingt es nicht unison, Schwebungen auch innerhalb ganzer Instrumentengruppen bleiben nicht aus und auch mal ein verspielter Ton tritt auf – Todsünden bei Orchestern von Weltrang.
250316 big bang/ mahler (c) diesner
Aber Weltrang ist für die jungen Künstler von heute noch Zukunftsmusik. Ja, ihre Aufführung klingt roh. Doch wenn man bedenkt, wie weit sie am Anfang in ihrer Konzertkarriere stehen, ist der eigentliche Wahnsinn doch, dass sie sich überhaupt einem Konzertgiganten wie Gustav Mahler widmen. Alleine das Orchester fasst über 100 Musiker. Hinzu kommen Fernorchester, ein riesiger Chor und Gesangssolisten für knapp eineinhalb Stunden Musik. Wer sowas mit einer Jungtruppe aufführt, ist entweder genial oder leidet unter einer Mischung aus Mut und Größenwahn.
Was hat Alma mit Gustav Mahler zu tun?
Mahlers Musik erzählt von Wundern. Ganz konkret vom Wunder der himmlischen Auferstehung nach dem Tod. Tatsächlich findet heute auch auf der Bühne ein kleines Wunder statt. Denn unter György Mészáros aus Budapest formen sich Melodien und Themen, Abschnitte und Zusammenhänge werden deutlich. Er ist der Chefdirigent, der das Rohe zu einer Geschichte um Leben, Tod, Hoffnung und Auferstehung formt.
Das zeichnet sich bereits bei den Werken ab, die diesen Abend einleiten. Alma Mahlers Orchesterlieder reichen qualitativ kaum an die Auferstehungssinfonie ihres Mannes heran. „Licht in der Nacht“ ist nicht ideal instrumentiert und deckt mit seinem mal trotzigen, mal vollen Orchesterklang den Gesang bis zur kompletten Textunverständlichkeit zu. „Waldseligkeit“ setzt interessant an, ist für den bleibenden Eindruck aber zu kurz. Und was „Ansturm“ mit fröhlichen Holzbläsern und zarten Harfenklänge zu tun haben soll, erschließt sich beim besten Willen überhaupt nicht.
Und doch werden diese kleinen Gesangsintermezzo am Ende mehr, als nur eine störende Ablenkung. Spätestens beim „Erntelied“ zeichnen die bewegten Streicher und der Gesang eine idyllische Szene, die sich thematisch auch mit Mahlers Sinfonie verbinden lässt. Denn auch dort heißt es: „Wieder aufzublüh’n, wirst du gesä’t! Der Herr der Ernte geht und sammelt Garben und ein, die starben!“ Man merkt, hier hat sich jemand Gedanken um die Konzeption gemacht. Braucht es diese Lieder, um Mahler zu genießen? Nein. Aber wird das Erlebnis dadurch reicher? Heute ja.
Auch die Jugend kann sich Monumentalmusik widmen
Im Hauptwerk des Abends wird dann der Kampf klar, den diese jungen Musiker gehabt haben müssen. Manchmal wackelt es. An anderer Stelle fragt man sich, ob sie sich vielleicht übernommen haben. Auch manche künstlerische Entscheidung könnte man hinterfragen. Das Dies irae im ersten Satz wirkt beispielsweise etwas zahm und lässt das Temperament vermissen, das Satz 3 und vor allem der letzte Satz einlösen.
Mutig ist auch, die Sinfonie mit 8 Hörnern auf der Bühne spielen zu lassen. Denn wenn diese vor Übermut strotzende Truppe im tutti nicht nur Streicher und Holz sondern sogar 5 Posaunen und 6 Trompeten komplett zudeckt, die in der Tonhalle sowieso akustisch einen schwierigen Stand haben, darf man doch schon einmal die Frage nach der Balance stellen. An die Hörner selbst gerichtet kann man festhalten: Touché – einige von euch dürften einer erfolgreichen Profikarriere entgegenblicken!
Man muss trotz dieser Stolpersteine aber anerkennen, dass György Mészáros hier nicht einfach nur die Noten runterspielen lässt. In Summe kann er diese junge Truppe sogar zu einer ganz guten Aufführung bringen. Satz 2 und 3 brillieren und das Finale schließlich ist einfach nur bombastisch. Selbst eigene Ansätze und eine Interpretation werden deutlich. Maßgeblichen Anteil haben auch die Sänger:
Sarah Ferede blieb zunächst in den beiden Liedern „Licht in der Nacht“ und „Ansturm“ noch etwas farblos, steigert sich in ihrem Altsolo bei Mahler aber deutlich. Das „Urlicht“ sowie ihre Passagen zum Finale hin können mit Einfühlsamkeit in der mittleren Lage und auch weitestgehend guter Textverständlichkeit bewegen.
Ihr zur Seite steht Luiza Fatyol, deren klarer Sopran bereits die beiden Lieder „Waldseligkeit“ und „Erntelied“ aufhellte. Im Finalsatz bei Mahler knüpft sie daran an und kann das strahlende Finale mit Chor, Orgel und Glocken wunderbar einleiten.
Chor und Orgel sind auch die letzten Akteure, die mit tatkräftiger Unterstützung des stets stabilen Schlagzeugs nach fast eineinhalb Stunden Musik in einen Schluss für die Ewigkeit einleiten. Alleine diese letzten Töne reißen so sehr mit, dass danach der Saal bebt. Wellen von Jubel und Applaus brechen sich Sturm. Alle reißt es aus den Sitzen. Was für Anstrengungen das für dieses Orchester auch gewesen sein müssen, spätestens bei diesem nicht enden wollenden Schlussapplaus dürfte das in Euphorie und Erleichterung umgeschlagen sein. Das ist eben Mahler: Musik, die von Wundern erzählt. Heute konnte man dieses Wunder am ganzen Körper live miterleben.
Daniel Janz, 17. März 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at"